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Der Staat gegen Marine Le Pen?

Gestern ist die französische Politikerin Marine Le Pen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder zu einer Geldstrafe i. H. v. 100.000 Euro sowie zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Besonders schwerwiegend und poli-tisch brisant: Als Nebenstrafe wird Le Pen mit sofortiger Wirkung für fünf Jahre das passive Wahlrecht entzogen, sodass sie sich bei den französischen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2027 nicht zur Wahl wird stellen dürfen. Wurde hier nach Akten bestimmt, was an der Urne entschieden werden sollte?

Es geht um die Demokratie

Der Präsident ist im französischen Verfassungssystem der V. Republik von 1958 das zentrale Verfassungsorgan. Doch ob und wie das so bleiben wird, ist in diesem Jahr aber noch offen.  Nach der Parlamentswahl, die im Juni auf die Präsidentschaftswahl folgen wird, könnte der Reformbedarf des Wahl- und des politischen Systems unabweisbar werden. Und zwar unabhängig davon, ob Macron oder Le Pen gewinnt.

Corona Constitutional #44: Was jetzt auf Polen zukommt

Die Präsidentschaftswahl in Polen ist gelaufen, alle haben artig dem Amtsinhaber Andrzej Duda zur zweiten Amtszeit gratuliert, als sei das einfach nur eine demokratische Wahl wie jede andere. Dass sie das nicht war, sondern vielmehr die letzte, nunmehr verpasste Ausfahrt vor dem endgültigen Umbau Polens in eine Autokratie, erfährt man, wenn man mit Leuten wie WOJCIECH SADURSKI redet. Der ist seit vielen Jahren Professor für Rechtstheorie an der Universität Sydney und als solcher ein Gelehrter von Weltruf, aber auch in seinem Heimatland Polen wissenschaftlich und öffentlich sehr präsent – so sehr, dass ihn die Regierungspartei PiS und ihre Verbündeten mit mehreren Gerichtsverfahren überzogen haben. Mit ihm spricht Max Steinbeis in der heutigen Folge unseres Krisenpodcasts über die freie Bahn, die die PiS-Regierung jetzt hat für ihre autoritären Pläne.

Le Pen oder Macron? Scheinriesen werden sie beide sein

Der französische Präsident, so liest und hört man es anlässlich des Wahlkampfs derzeit in deutschen Medien, ist mit einer Machtfülle ausgestattet, die in der westlichen Welt ihresgleichen sucht. Das nährt die Angst vor einem Wahlsieg der Rechtspopulistin Marine Le Pen. Doch so berechtigt die Sorge vor der Symbolkraft eines Sieges der Führerin des Front National auch sein mag – sie wird Frankreich nicht im Alleingang umkrempeln können. Denn während sich die Präsidenten der 5. Republik politisch als Sonnenkönige gerieren konnten, solange sie über eine Mehrheit in der Nationalversammlung verfügten, entpuppten sie sich als verfassungsrechtliche Scheinriesen, sobald sich ihr politisches Lager in der parlamentarischen Opposition wiederfand.

Gibt es einen Trend zum Foto-Finish?

Australien hat gewählt, aber keiner weiß, was. Labour und Tories sind nahezu gleich stark. Irre ich mich, oder nehmen solche Foto-Finishs global zu? Mir fallen spontan ein: Premierministerwahlen Israel 1996, Präsidentschaftswahl USA 2000, Bundestagswahlen Deutschland 2002 und 2005, Präsidentschaftswahl Mexiko 2006, Präsidentschaftswahl Rumänien 2009. Jedesmal der gleiche Befund: Ein paar Tausend Stimmen hin oder her, und die Sache wäre völlig anders ausgegangen. Mal unterstellt, das ist tatsächlich mehr als nur eine subjektiv empfundene Häufung: Was könnte der Grund sein? Vielleicht kommt so etwas besonders dann vor, wenn eine Persönlichkeitswahl zu einem grundlegenden Plebiszit über die fundamentale Richtung, in die das ... continue reading

Germany – yes you can!

Von Russell Miller (Gastautor) I want to see Joachim Gauck elected to Germany’s Federal Presidency in next week’s election, and I have been raising the matter with every German I can corner. The Germans I have been badgering about Gauck are, at best, detached.  Most are utterly disinterested.  Of course, they are aware that the Federal President wields very little political power.  Instead, as the ceremonial Head of State, his (and it always has been a „he“) rather pedestrian mandate requires him to „dedicate his efforts to the well-being of the German people, promote their welfare, protect them from harm, ... continue reading

Justice Clarence Thomas for President?

Die Washington Post hatte uns unlängst mit der Spekulation überrascht, Barack Obama könnte sich selbst für den Supreme Court nominieren. Jetzt landet das Politik-Blatt Nr. 1 der USA den nächsten Coup: Justice Clarence Thomas, der einzige Schwarze unter den Richtern des US Supreme Courts und womöglich Konservativste unter den konservativen Richtern, wäre ein ausgezeichneter Kandidat der Republikaner fürs Weiße Haus in den Präsidentschaftswahlen 2012. Klingt wie ein Witz, ist aber keiner. Verfassungsrechtsprofessor Barack Obama gegen Verfassungsrichter Clarence Thomas. Also, ich wäre schon mal dafür…

Obama vs. Palin 2012: Verfassungskrise in den USA?

Mal angenommen, ein führender liberaler Verfassungsrechtler würde plötzlich laut über die Möglichkeit eines Militärputsches in Deutschland nachzudenken anfangen. Wäre das auch nur im Entferntesten vorstellbar? In den USA, dem Land, dem wir unsere Demokratie verdanken, ist es nicht nur vorstellbar. Es ist Fakt. Sanford Levinson von der University of Texas ist zweifellos einer der führenden liberalen Verfassungsrechtler der USA. Drüben bei Balkinization hat er eine Reihe von Beiträgen (hier und hier) gepostet, in denen er Szenarien für die Präsidentschaftswahl 2012 entwickelt. Er rechnet mit einem Rennen, das sich in bemerkenswerter Weise von dem gewohnten demokratisch-republikanischen Zwei-Kandidaten-Showdown unterscheidet. Vier Parteien Was, ... continue reading

Regierungsopposition und Oppositionsregierung

Die Regierung hat die Macht, die Opposition nicht. Gerade weil und insoweit die Opposition die Macht nicht hat, kann sie sich als Alternative präsentieren und eines Tages die Macht übernehmen und die Regierung machtlos machen. So funktioniert Demokratie: So ist sie vor Zeiten in England entstanden, so lernen wir es schon im Sozialkundeunterricht, und anders können wir sie uns gar nicht mehr vorstellen. Was merkwürdig ist. Denn bei uns ist das überhaupt nicht so. Bei uns hat die Opposition immer einen Teil der Macht. Seit Jahrzehnten sind wir gewohnt, dass im Bundesrat die Union die Mehrheit bekommt, wenn im Bundestag ... continue reading

Die postheroische EU

Leichtgewichtig, unbekannt, glanzlos, introvertiert, unerfahren – das Urteil der Eurobloggosphäre über das Van Rompuy/Ashton-Ticket fällt ziemlich einhellig vernichtend aus.  Ich will da gar nicht widersprechen. Aber ein kleiner ketzerischer Gedanke: Zeigt sich in dem Gipfelergebnis nicht einmal mehr, dass wir mit unserer Sehnsucht nach starken Führungspersonen an der Spitze der EU, nach einem, der sagt, wo es langgeht, nach einem in die alte Welt gespiegelten Amerika, mit einem Wort: nach der EU als STAAT!!! eben halt doch nun mal leider auf dem falschen Dampfer sind? Temperamentvoller und entrüsteter Widerspruch erwünscht.