Articles for tag: GrundmandatsklauselRepräsentationWahlrecht

Kein schöner Zug

Die Wahlrechtsreform, die die Ampelkoalition noch in dieser Woche durch den Bundestag bringen will, könnte dazu führen, dass im nächsten Deutschen Bundestag weder die Linkspartei noch die CSU vertreten sein werden. Auch wenn das nicht alle für einen Verlust halten mögen, beschert es der Reform doch ein Legitimitätsproblem, von dem man nur hoffen kann, dass es sich so nicht realisiert.

Putting an End to Minority Voter Disenfranchising in Hungary

On 11 November, the European Court of Human Rights published its decision in a case initiated eight years ago, which found that the Hungarian parliamentary electoral system's regulations on the representation of national minorities in parliament violates the right to free elections (Article 3 of the 1st Protocol to the ECHR, Bakirdzi and E.C. v. Hungary). The plaintiffs claimed that the Electoral Act of 2011 was unlawful on three points: the secrecy of the vote, the real election and the preferential quota for minority representation. In its judgment, the Court found in favour of the applicants on all three points and ordered the Hungarian State to pay damages, putting an end to a decade-long violation of voting right. The following analysis is not primarily intended to provide a detailed description of the judgment itself, but to review the unlawful situation and the necessary actions resulting from the judgment.

Demokratische Neutralität

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juni 2022 und der Diskussion über „Merkels Verfassungsbruch“ ist die ‚demokratische Neutralität‘ wieder in aller Munde. Wegweisend ist, dass Astrid Wallrabensteins abweichendes Votum die Frage aufwirft, ob mit dem Neutralitätspostulat nicht auf ein Blendwerk hingearbeitet werde, welches dem Volk eine Neutralität suggeriere, die es so im politischen Geschehen überhaupt nicht geben könne. Handelt es sich etwa um eine Ideologie ‚demokratischer Neutralität‘?

How to Overcome an Anti-democratic Heritage

Chile and Turkey appear to be more similar than one would initially imagine. In both countries, neoliberal policies were implemented through constitutions made under the shadow of military dictatorships. For the last half-century, the development of democratic culture in both countries was undermined by military coups and military governments using anti-democratic methods. However, in late 2019, Chile has taken off from its old path to become a more democratic state that rests on social justice and gender equality by generating a new constitution through intense popular participation and equal political representation.

Irrationale Farbenlehre

Reichs- und Reichskriegsflaggen tauchen nicht zuletzt auf Corona-Demonstrationen vermehrt auf. Die Bundesinnenministerkonferenz hat diese Woche einen Mustererlass beschlossen, der Eingriffsmöglichkeiten gegen solche Flaggen bereitstellen soll. Dabei ergibt sich ein Abwägungskonflikt zwischen der öffentlichen Ordnung als symbolischer Ordnung und einer formal verstandenen Meinungsfreiheit.

Es gibt keinen Besitzstandsschutz im Wahlrecht

Aktuell wird unter dem Stichwort „Parité“ über Klauseln im Wahlrecht debattiert, mit denen die Chancengleichheit für Frauen bei der Wahl zu den Parlamenten verbessert und auf eine gleichmäßige Verteilung politischer Mandate auf Frauen und Männer hingewirkt werden soll. Die Verfasserinnen dieser Stellungnahme melden sich in dieser Debatte zu Wort, um auf einen wichtigen Grundsatz hinzuweisen, der in einer demokratischen Ordnung so selbstverständlich wie notwendig sein sollte: den politischen Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers, der sich auch auf die Ausgestaltung des Wahlrechts erstreckt. Es ist daher eine politische Entscheidung, geschlechterparitätische Regelungen im Wahlrecht vorzusehen und sie auszugestalten. Dies kann und muss in der Öffentlichkeit und in den Parlamenten diskutiert werden.

Pandemie und Körper

Die Pandemie ist dem Körper ein bedrohliches Phänomen. Dies gilt nicht nur für unsere Körper, die mit Ansteckung und Krankheit bedroht sind. Es gilt auch für die Körperlichkeit der Demokratie, den physischen Aspekt demokratischer Prozesse. Denn Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote, Telefonkonferenzen und Statements aus dem home office sorgen für eine Bilderlosigkeit von Politik, die zum demokratietheoretischen Problem werden könnte.

Verbundenheit als Grundlage der Verbindlichkeit demokratischer Politik

Die repräsentative Demokratie ist durch Entscheidungen, die sie systematisch in ihrer Handlungsfähigkeit einschränken und zu einer Entfremdung eines Teiles der Bürger führen, in eine tiefe Krise geraten. Am Beispiel der Entwicklung der Demokratie seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts skizziert Christine Landfried diese Problematik und zeigt, welche Hinweise wir aus den zukunftsweisenden Arbeiten von Ulrich K. Preuß für eine Perspektive zur Überwindung der Krise der repräsentativen Demokratie gewinnen können.

Das kommunale Ausländerwahlrecht ‚revisited‘. Eine vertane Chance für die Revitalisierung der Demokratie auf lokaler Ebene

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Urteilen zum Ausländerwahlrecht in Hamburg und Schleswig-Holstein von 1990 wenig Zweifel daran gelassen, dass das Grundgesetz auf allen Ebenen des Staatsaufbaus nur das deutsche Volk als einheitliche Legitimationsgrundlage kennt. Ulrich K. Preuß sah das mit guten, demokratietheoretischen Gründen anders. Er rechtfertigte die Zulässigkeit des kommunalen Ausländerwahlrechts gerade mit der Verschiedenheit von Gemeindevolk und Staatsvolk. Preuß‘ Argumentation ist über den Bremer Fall hinaus wegweisend und gibt Anlass, heute noch einmal neu über meist übersehene Orte der Demokratie nachzudenken: Städte, Kreise und Gemeinden.

Urban Agglomeration, Constitutional Silence

Urban citizenship is a bold and intriguing idea, regardless of whether we envision it as an alternative or as a complement to extant models of state-based membership. However, this concept seems to be slightly off target in identifying the main issue of city under-representation, namely the constitutional non-existence of cities, and more generally, the great constitutional silence surrounding today’s extensive urbanization and the consequent rise of megacities.