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Stellungnahme zur Causa „Frauke Brosius-Gersdorf“

Über 300 Rechtswissenschaftler*innen protestieren in dieser Stellungnahme nachdrücklich gegen die Art und Weise, wie im Rahmen der Richterwahl zum Bundesverfassungsgericht in der Politik und in der Öffentlichkeit mit Frauke Brosius-Gersdorf umgegangen wurde. Dieser Umgang ist geeignet, die Kandidatin, die beteiligten Institutionen und mittelfristig über den Verfall der angemessenen Umgangskultur die gesamte demokratische Ordnung zu beschädigen.

In dubio pro Richterernennung

Mit ihrer Sperrminorität blockiert die Thüringer AfD-Fraktion die Neubesetzung des Richterwahlausschusses. Aber existiert ihr Druckmittel überhaupt? Muss der Richterwahlausschuss tatsächlich erst neu besetzt oder eine Übergangsregelung geschaffen werden, bevor neue Richter:innen ernannt werden können? Die Vorschriften des DRiG eröffnen einen Ausweg.

Bis die Bergwacht kommt

Am Freitag, den 04.04.2025, ist im Thüringer Landtag einmal mehr die „Wahl der vom Landtag zu berufenden Mitglieder des Richterwahlausschusses“ gescheitert. Ohne den Ausschuss können in Thüringen Richter und Richterinnen auf Probe nicht auf Lebenszeit ernannt werden. Und ohne Lebenszeitrichter und -richterinnen droht der Thüringer Justiz – verschärft durch die anstehende Pensionierungswelle – die Funktionsunfähigkeit. Sollte die AfD-Blockade dauerhaft anhalten, muss ein anderer Weg gefunden werden. Eine verfassungsrechtliche Gratwanderung – denn alle denkbaren Lösungen stehen quer zum Wortlaut des Art. 89 Abs. 2 der Thüringer Verfassung.

Einstimmig für alle, alle für einstimmig?

Angesichts der Bestrebungen, das Bundesverfassungsgericht besser zu schützen, drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob auf europäischer Ebene ähnliche Maßnahmen erforderlich sind. Derzeit sind rechtspopulistische und potenziell unionsfeindliche Parteien europaweit im Aufwind. Insbesondere das Verfahren zur Ernennung von Richter*innen des EuGH und des EuG weist Schwachstellen auf, die Feind*innen einer unabhängigen Gerichtsbarkeit ausnutzen könnten.

Physiotherapie für die Richterwahl

Das Erstarken autoritär-populistischer Kräfte in Deutschland hat eine Debatte um eine verfassungsrechtliche Absicherung des Bundes-, aber auch der Landesverfassungsgerichte ausgelöst. Ein neuralgischer Punkt ist die Richterwahl, insbesondere das Zweidrittelmehrheitserfordernis und dessen Kehrseite, die Sperrminorität. Um nicht zu versteifen, sind die Gesetzgeber daher aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wie sich das Blockaderisiko verringern lässt, ohne den Pluralismusschutz aufzugeben. Eine Lösung könnte sein, ein Vorschlagsrecht des Verfassungsgerichts mit einem abgesenkten Mehrheitserfordernis im Parlament zu kombinieren.

Selbstergänzung zur Vermeidung politischer Blockaden des Thüringer Verfassungsgerichtshofs

Was passiert, wenn die politischen Verhältnisse in Thüringen dazu führen, dass die vakanten Richter*innenposten am Thüringer Verfassungsgerichtshof über längere Zeit unbesetzt bleiben und deshalb das Gericht funktionsunfähig wird? Die Amtsfortführung eines Mitglieds des Thüringer Verfassungsgerichtshofs ist nicht unbegrenzt möglich. Eine solche Situation würde den Verfassungsstaat zumindest in eine Krise stürzen können, bedenkt man die vielen Aufgaben des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, die ihm durch Verfassung und Gesetz zugewiesen sind. Dieses Problem ließe sich lösen, wenn man als Auffangregelung für eine blockierte Nachwahl den Mitgliedern des Gerichtshofs die Ergänzung selbst überlässt.

Unabhängige Richterauswahl durch Kompetenzprüfung und Los

Am kommenden Sonntag, den 28.11.2021, stimmen die Wahlberechtigten in der Schweiz unter anderem über die Vorschläge der „Justiz-Initiative“ ab. Kern der Vorschläge der Initiative ist die Reform der Wahl der Richter:innen nach Art. 168 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das höchste Gericht in der Schweiz: Das Bundesgericht. Die Diskussion ist nicht nur für die Schweiz relevant, sondern für ganz Europa, wo die Auswahl unabhängiger Richter:innen heute vielerorts in Gefahr ist.

Bestenauswahl oder Beinfreiheit?

Am kommenden Donnerstag wird sich der schleswig-holsteinische Landtag mit einem Gesetzentwurf zwecks Änderung des Landesrichtergesetzes befassen. Der Entwurf wird von allen demokratischen Fraktionen getragen und zielt im Kern darauf ab, die Grundsätze der Bestenauswahl nach Art. 33 Abs. 2 GG bei der Anstellung und Beförderung von RichterInnen im Land zugunsten von „mehr Beinfreiheit“ für den Richterwahlausschuss zurückzufahren. Wer „die Besten“ sind, soll sich fortan nicht mehr (nur) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung, sondern nach anderen, allerdings nicht näher beschriebenen Kriterien entscheiden. Der Plan ist nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch politisch höchst problematisch.

LawRules #2: We need to talk about Judicial Nominations

It's easy to agree that judicial independence is important – but who gets to be a part of the judiciary, who gets promoted to which court and who enters the highest ranks is a decision that has to be taken by someone, and a lot depends on who that someone is. Controlling judicial nominations is one of the key elements in all authoritarian takeover strategies which have been implemented in recent years in Poland, in Hungary and elsewhere. This is what we will discuss with the president of the European Network of Councils of the Judiciary, a member of the board of the Polish independent judges’ association IUSTITIA, and a German judge at the Bundesgerichtshof.