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Niemals normal

Nach langem Ringen trat im November 2024 endlich das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft. Nun hat das Bundesinnenministerium einen Referentenentwurf vorgelegt, der die antidiskriminierende Zielsetzung des SBGG weit verfehlt: Der alte Geschlechtseintrag und die alten Vornamen einer Person sollen nach einer Änderung gemäß SGBB Bestandteil ihres behördlichen Datensatzes bleiben und diese Daten mit anderen Behörden geteilt werden. Das kreiert eine unnötige Datenflut und gefährdet Grundrechte.

Die Würde der Schwangeren ist unantastbar

Nachdem in der letzten Legislatur die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gescheitert war, könnte die Debatte nun wieder Auftrieb bekommen: Vor wenigen Wochen hat der Deutsche Ärztetag eine Entkriminalisierung gefordert, und auch das britische Unterhaus stimmte endlich dafür. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht dazu zwar konkret nichts vor. Doch der deutsche Gesetzgeber ist verpflichtet, den Schwangerschaftsabbruch neu zu regeln, weil er die Würde von Schwangeren zu achten hat – und es sich dabei um eine absolute Achtungspflicht handelt.

BVerfG erklärt Krankenhausvorbehalt bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen teilweise für verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht erklärte am 26. November 2024 den Krankenhausvorbehalt für ärztliche Zwangsbehandlungen (§ 1832 Abs.1 Nr.7 BGB) teilweise für verfassungswidrig. Zwangsmaßnahmen dürfen in Ausnahmefällen auch außerhalb eines Krankenhauses durchgeführt werden, wenn die Verbringung erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen würde und der Krankenhausstandard vor Ort nahezu erreicht wird. Die Entscheidung stellt das Schutzkonzept des Gesetzgebers infrage, der Zwangsmaßnahmen als letztes Mittel im stationären Setting sichern wollte. Bis zur Neuregelung (Frist: 31.12.2026) gilt die bestehende Rechtslage fort.

Eine Schwangerschaft, eine Beziehung

Aktuell liegt ein fraktionsübergreifender Gesetzentwurf zum Schwangerschaftsabbruch vor, der eine begrenzte Liberalisierung des deutschen Rechts vorsieht. Kritiker*innen werfen dem Entwurf vor, einseitig die Rechte der schwangeren Frau gegenüber dem ungeborenen Leben durchzusetzen. Diese Kritiken zeigen die Schwangerschaft fälschlicherweise als Konflikt zwischen zwei antagonistischen Individuen. Schwangerschaft ist ein komplexer Entwicklungsprozess, der tiefgreifend die Identität der Schwangeren berührt und von der Beziehung zwischen Schwangeren und Ungeborenem geprägt ist.

Deregulating Legal Gender in the Shadow of Social Ascription

On 23 August 2023, the German government published a bill on Gender Self-Determination (hereinafter also referred to as SBGG-E). The bill is currently under debate before the German parliament (Bundestag) and is subject to heated socio-political debate. Its primary objective consists of deregulating the conditions for altering and deleting the gender entry provided by the German Civil Status Act. Aside from a strong commitment to deregulating legal gender (Section 1 SBGG-E), the bill sets boundaries and conditions for gender recognition. While some appear self-explanatory, others are infused by what I will hereinafter refer to as the ‘logic of social ascription’.

Geschlechtliche Selbstbestimmung im Recht umsetzen

Die Frage, wie sich geschlechtliche Selbstbestimmung rechtlich umsetzen lässt, beschäftigt seit einigen Jahren die Gerichte, Politik und Wissenschaft. Bislang blieb die Rechtslage hinter den Forderungen nach Anerkennung und Gleichstellung von geschlechtlich vielfältigen Lebensweisen zurück. Nun wurden zwei Gesetzesentwürfe in den Bundestag eingebracht – einer von der FDP-Fraktion und einer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – die auf eine Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung durch Reformierung des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrages abzielen. Die beiden Vorschläge wurden am 2. November in einer Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat zur Diskussion gestellt. Dabei haben die schwachen Argumente der Antagonist:innen, die auf eine Sicherung des status quo abzielen lediglich gezeigt, dass eine Reform unumgänglich geworden ist.

Lenin and Wilson in Tension

The autumn of 2020 witnessed the biggest escalation of the decades-long Nagorno-Karabakh conflict since the war of 1992-4. The analysis of legal arguments raised by the Armenian and Azerbaijan sides, is influenced by the Crimean Referendum of 2014. Whereas in the latter case, the majority of the UN members condemned Russian acts, now the international community seems reluctant to take a stance, calling for a mutual ceasefire instead. Does the difference in international response display inconsistency of state practice and the prevalence of Realpolitik over the rule of international law? This contribution suggests that the incongruity is due to two different doctrines informing the scope of a right to self-determination.

Israel’s Nation-State Law – What Now for Equality, Self-Determination, and Social Solidarity?

The enactment of Basic Law: Israel as the Nation State of the Jewish People on July 19th, 2018, triggered an intense public debate, not only in Israel. But what are the implications of this law? In particular, how is it likely to affect minorities, the right of Israel’s Arab-Palestinian minority to internal self-determination, and the possible development of all-encompassing social solidarity in Israel?

A Line in the Sand: The ‘Strict Observance’ of International Law in the Western Sahara Case

When the EU makes international agreements and implements them, its scope is not only limited by the competence allocation and procedures in its own primary law but also by fundamental features of the international legal order. In the Western Sahara judgment, the CJEU has drawn lines in the sand not only geographically but also constitutionally.