Articles for tag: GewaltenteilungJustizVerfassungsgericht

Ungarn: Ein neuer Streich gegen das Verfassungsgericht

Orbán Viktor hat sich wieder etwas Schlaues ausgedacht. Es geht um das Verfassungsgericht, bzw. dessen Präsidenten Péter Paczolay, einen eindrucksvollen Mann und hoch angesehenen Juristen, dem nur leider der Makel anhaftet, einen eigenen, mit einem wunderbaren weißen Schnauzbart geschmückten und höchst funktionstüchtigen Kopf auf seinen Schultern zu tragen. Orbán hat bereits eine Menge dafür getan, das Problem Verfassungsgericht als potenziellen Hort der Widerborstigkeit aus der Welt zu schaffen. Künftig gibt es fünfzehn statt elf Richter, und wer neu hinzukommt, wird vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Das verschafft Orbán und seiner Zweidrittelmehrheit die Möglichkeit, eine entsprechende Zahl von Richtern seiner Wahl ... continue reading

Sarrazin aushalten

Thilo Sarrazin verbreitet kryptorassistischen Blödsinn. Er tourt damit durch Deutschland und lässt sich als „Volksheld“ bejubeln. Er schließt die Dynamitblöcke Minderheiten, Bevölkerungspolitik und Vererbungslehre miteinander kurz, als hätte es Adolf Hitler nie gegeben, und freut sich, wenn es funkt und kracht und die Fetzen fliegen. Er faselt über ein „jüdisches Gen“ und sagt danach flugs Tschuldigung, damit ihn niemand dafür zur Verantwortung zieht. Die Bildzeitung zitiert ihn auf Seite 1 damit, dass er einen jüdischen Fernsehmoderator ein „Arschloch“ nennt. Dass der Mann dem Ansehen der Institution schadet, für die er arbeitet, liegt auf der Hand. An guten, handfesten Gründen, ihn ... continue reading

Seit wann kann ein Gericht eine Legislaturperiode halbieren?

powered by Fotopedia Hat es das schon mal irgendwo gegeben? Dass ein Gericht befindet, die Regierungsmehrheit im Parlament sei auf verfassungswidrige Weise zustandegekommen? Und dann freihändig ein Datum für das Ende der Legislaturperiode festlegt, gleichsam aus höheren verfassungspolitischen Erwägungen heraus? Der Landtag von Schleswig-Holstein ist 2009 gewählt worden, laut Verfassung für fünf Jahre. Die Verfassung sieht ferner vor, dass der Landtag 69 Sitze haben soll und dass eventuelle Überhangmandate ausgeglichen werden sollen. Solche Überhangmandate gab es 2009 in absurd hoher Zahl, weil CDU und SPD beide zwar mies abschnitten, aber die 40 Wahlkreismandate trotzdem unter sich ausmachten. Die Folge war, ... continue reading

Warum die Direktwahl des Bundespräsidenten nichts kuschelweich Demokratisches ist

Einer der kläglicheren Momente in der an kläglichen Momenten nicht armen Präsidentschaft von Horst Köhler war der Tag fast genau vor drei Jahren, als Köhler bei „Christiansen“ vorschlug, den Bundespräsidenten künftig direkt vom Volk wählen zu lassen. Das Thema kommt immer wieder. Es ist der Wiedergänger der verfassungspolitischen Debatte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass man mit dem Vorschlag so wunderbar hamm-brücherisieren kann: Das Staatsoberhaupt vom Volk wählen lassen, wer kann denn da dagegen sein? Sie klingt so kuschelweich demokratisch, diese Forderung, man kann so große runde Augen machen dabei. Sie klingt so lauter und so rein und dann auch irgendwie ... continue reading

Ketzerisches zur Regierungsbildung in NRW

Ich bin ja eigentlich kein großer Freund des bundesdeutschen Föderalismus. Aber eins muss man ihm lassen: Seit jeher sind die Länder ein Experimentierlabor politischer Willensbildung, in dem man ausprobieren kann, was auf Bundesebene viel zu riskant wäre. Nach fast jeder Landtagswahl stehen wir außenrum, mit Schutzbrillen im Gesicht und etwas feuchten Händen, und warten, dass es knallt und blitzt. Langweilig wird uns dabei nicht. In Hessen haben wir erstmals erlebt, dass eine Regierung abgewählt werden kann und trotzdem einfach weiterregiert. Roland Kochs schwarz-gelbe Koalition hatte die Wahl krachend verloren. Aber weil sich keine andere Koalition zusammenfand, um eine andere Regierung ... continue reading

Hartz IV: Papiers Vermächtnis

Hans-Jürgen Papier steht kurz vor dem Abschied aus Karlsruhe und gibt zu guter Letzt noch ein Interview, in dem er das Hartz-IV-Urteil erläutert. Das hätte es früher auch nicht gegeben, dass der Senatsvorsitzende so kurz nach der Urteilsverkündung noch einmal an die Öffentlichkeit geht, um dieser zum rechten Verständnis des selbst gefällten Richterspruches zu verhelfen. Aber ich will das mal als Zeichen eines geschärften Bewusstseins für die politische Dimension des Verfassungsrichteramtes werten. Interessant sind dabei nicht zuletzt die Fragen, die der Kollege in dem Interview stellt: Er klagt, dass das Urteil nicht zu den „salomonischen“ Richtersprüchen gehört habe, die eine ... continue reading

SWIFT: Männerstolz vor Königsthronen! (Frauenstolz natürlich auch…)

Das Europäische Parlament hat gezeigt, dass die Zeiten der gouvernementalen Alleinherrschaft in der EU vorbei sind. Und dass der Lissabon-Vertrag der Demokratie in Europa nutzt und nicht schadet. Eat this, Lissabon-Skeptiker! Hier schaukelt sich ein Checks-and-balances-System zurecht, das wahrhaftig Respekt verdient. Hier haben Politiker, die ihren Wählern noch ins Auge schauen wollen und müssen, den bürokratisch-technokratisch-diplomatischen Expertendiskurs aufgeknackt und dafür gesorgt, dass nicht passiert, was in Europa niemand will. Das war erst durch den Lissabon-Vertrag möglich. Ob damit jetzt irgend ein „Volk“ vertreten wurde oder nicht, ist mir dabei dermaßen was von wurscht. Da kann einem schon feierlich zumute werden. ... continue reading