Articles for tag: AusbürgerungStaatsangehörigkeitWiedergutmachung

Eine Lehrstunde Verfassungsrecht für das deutsche Staats­angehörigkeits­recht

Man kann es kaum anders sagen: Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat dem deutschen Staatsangehörigkeitsrecht eine regelrechte Lehrstunde in Sachen Verfassungsrecht erteilt. Und man kann für das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht nur hoffen, dass es sich diese Lehrstunde zu Herzen nimmt. Denn was die Kammer mit diesem etwa 20-seitigen Beschluss zu einem staatsangehörigkeitsrechtlichen Wiedergutmachungsanspruch nach Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG dem deutschen Staatsangehörigkeitsrecht ins Stammbuch geschrieben hat, reicht weit über die konkret gefällte Entscheidung hinaus.

Cities vs States: Should Urban Citizenship be Emancipated from Nationality?

Since the first decade of the millennium – for the first time in human history – more people are living in urban areas than in rural ones. According to UN projections, in 2050 the share of urban populations could rise to more than two thirds of the world population. Will this demographic change also lead to a decline of nation-states and a rise of cities as the dominant arenas of politics, democracy and citizenship?

Peter Handke wird Österreicher gewesen sein

Die Aussagekraft des Satzes „Peter Handke wird wieder Österreicher gewesen sein“ ist nicht nur durch das Futur II entstellt, sondern auch durch einen jugoslawischen Pass. Der österreichische Literaturnobelpreisträger ist also (vielleicht) gar kein Österreicher. Man könnte jetzt meinen, dass diese dramaturgische Volte geradezu bezeichnend ist für die ambivalente Rezeption der Entscheidung des Literaturnobelpreiskomitees, Peter Handke in einen erlauchten Kreis zu heben, dessen Berechtigung der Preisträger selbst immer wieder infrage gestellt hat. Die Posse um Handkes Pass, besehen aus einem ganz anderen Blickwinkel, lädt allerdings ein, einen etwas grundsätzlicheren Blick auf das österreichische Verhältnis zu Doppel- und Mehrfachstaatsangehörigkeiten zu werfen.

Staatenlos in Assam

In ihrer Heimat gelten sie ab sofort als illegale Einwanderer. Das Land, in das sie ausgewiesen werden sollen, versinkt langsam unter dem steigenden Meeresspiegel. Fast zwei Millionen Menschen, die im indischen Bundesstaat Assam leben, gelten aufgrund der Veröffentlichung eines Nationalen Bürgerregisters durch die indische Zentralregierung seit dem 31. August 2019 als illegale Einwanderer aus Bangladesch. Tatsächlich gelten die Betroffenen bereits jetzt als Staatenlose. Den Menschen droht eine Situation rechtlicher und territorialer Bodenlosigkeit – verloren zwischen nationalem Staatsangehörigkeitsrecht und internationaler Verantwortungslosigkeit.

„Mama Laudaaa“: der Sommerhit des deutschen Migrationsrechts­diskurses

Während die Sommerferien und die Hitzewelle den Großteil der Bevölkerung in die Badeseen und Freibäder treiben, herrscht in Migrationsrechtskreisen wieder einmal helle Aufregung. Dieses Mal scheint der liberale Verfassungsstaat zu eruieren, weil der Bundestag sich anschickt, einige kleinere Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechts zu beschließen. Astrid Wallrabenstein warnte an dieser Stelle kürzlich vor einem „Paradigmenwechsel“. In diesem Blogbeitrag geht es mir um eine inhaltliche Replik auf ihren Beitrag und die Logik des migrationsrechtlichen Diskurses.

Zwischen Supreme Court und Zentralregierung: Zur drohenden Staatenlosigkeit der muslimischen Minderheit in Assam

Ende Juli hat die Zentralregierung in Delhi ein neues Bürgerregister für den Bundesstaat Assam veröffentlicht, in welchem sich nicht alle Einwohner des indischen Bundesstaates wiederfinden. Ein Großteil derer, die auf der Liste fehlen, gehört der muslimischen Minderheit an. Ihnen droht die Festsetzung in Camps, der Entzug politischer Rechte, Abschiebung oder gar Staatenlosigkeit. Der Fall, dessen  Historie bis in die Zeit der Unabhängigkeitsbewegungen zurückreicht, zeigt, dass gegenwärtig in Indien Ressentiments gegen ursprünglich Geflüchtete einer bestimmten religiösen Minderheit wieder aufleben und rechtlich verfestigt werden.

Brücken für die Diaspora: ein Interview mit RAINER BAUBÖCK

"Die richtige Antwort auf die Unterstützung autoritärer Herkunftsregime durch manche Einwanderer ist es, sie für die deutsche Rechtsordnung und Demokratie zu gewinnen. Und das setzt voraus, das man ihnen den Zugang dazu gewährt. Diesen Zugang kann man auf zwei Weisen gewähren, durch Einbürgerung oder durch das kommunale Ausländerwahlrecht."

Studiengebühren für Schwache: Baden-Württemberg und das Verfassungs- und Völkerrecht

Die baden-württembergische Landesregierung hat Anfang des Monats einen Gesetzentwurf für die Einführung von Studiengebühren für ausländische Studierende und für ein Zweitstudium vorgelegt. Der Vorstoß ist nicht nur wissenschafts- und sozialpolitisch problematisch, sondern wirft auch Fragen nach der Verfassungs- und Völkerrechtsmäßigkeit selektiver Studiengebühren auf.

Ungarn-Slowaken: Ein Hoch auf die Brückenbauer

Slowaken, die eine andere Staatsbürgerschaft annehmen oder auch nur beantragen, verlieren automatisch ihre slowakische Staatsbürgerschaft. So ist es seit letztem Jahr Gesetz in der Slowakei, und dass das so ist, hat mit dem hier schon einige Male gestreiften Thema Ungarn zu tun. Die magyarischen Nachbarn sind bekanntlich seit fast 100 Jahren von heftigen redemptionistischen Fieberschüben geschüttelt: 1919 im Vertrag von Trianon war Groß-Ungarn zerschlagen worden; weite Teile des Territoriums und Hunderttausende ethnische Ungarn wurden Nachbarländern zugeschlagen, darunter auch die Slovakei. Das ist für viele Ungarn, je nationaler, desto doller, immer noch ein Riesenproblem. National ist bekanntlich auch die gegenwärtige Fidesz-Regierung, ... continue reading