Articles for tag: BundeskanzlerRichtlinienkompetenzStaatsorganisationsrecht

Merzens Machtspruch

Noch aus der Opposition kündigte Friedrich Merz an, am ersten Tag als Bundeskanzler zum Schutz der Deutschen vor den Gefahren ungeregelter Migration Grenzkontrollen per Richtlinienkompetenz anzuordnen. So geläufig die Rede von der Kanzlerdemokratie ist, so selten greifen Bundeskanzler explizit zum Instrument ihrer sogenannten Richtlinienkompetenz. Löst man sich von der Frage, wie Merz’ Vorhaben in der Sache zu bewerten ist, bleibt die Frage nach der Form des (angekündigten) Bestimmens auf der Grundlage des Art. 65 S. 1 GG – einmal als juristische Kompetenz, einmal als politische Geste.

Bayerische Bedrängnis

Erdbeben im bayerischen Landtagswahlkampf: Die Causa Aiwanger, ausgelöst durch die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung, und sein Umgang damit sorgen für zahlreiche Rücktritts- bzw. Entlassungsforderungen. Während ein freiwilliger Rücktritt jederzeit möglich ist, dürften auf den ersten Blick auch die Hürden für eine Entlassung überwindbar sein. Doch die politischen Auswirkungen einer Entlassung gegen den Willen der Freien Wähler könnten auf den zweiten Blick bisher wenig beachtete rechtliche Folgen für die bayerische Staatsregierung bedeuten: Wer übernimmt dann die bisherigen Ministerämter der Freien Wähler? Müsste Markus Söder zurücktreten?

Barroso, Leader of the Free World

„President Barroso will deliver the first State of the Union Address 2010 on Tuesday 7 September 2010 at 9 o’clock“ So steht es seit gestern, Tuesday 1 September 2010, auf Barrosos Website. President Barroso. State of the Union. Zittere, Obama! Was sagt uns das, wenn diese Nachricht mich, der ich doch eigentlich ein an EU-Angelegenheiten vergleichsweise intensiv interessierter Zeitgenosse bin, erst jetzt erreicht, Wednesday 2 September 2010 at 11 o’clock p. m.? Und das auch nur, weil ich über diese Meldung bei EU-Observer gestolpert bin? Das sagt uns bestimmt nur, dass ich nicht aufgepasst habe und mich was schämen sollte. ... continue reading

Ungeduldiges aus Karlsruhe zur Bundespräsidentenwahl

Pünktlich zur Wahl des neuen Bundespräsidenten ist der 3. Kammer des Zweiten Senats mal so richtig der Kragen geplatzt. Ein gewisser Dr. M. hatte sich aus irgendeinem Grund auf den Standpunkt gestellt, die Art und Weise, wie das Staatsoberhaupt gewählt wird, verstoße gegen das Grundgesetz: Unter anderem war er nicht damit einverstanden, dass Bürgerinnen und Bürger des Freistaats Bayern an der Wahl teilnehmen. Womöglich, weil Bayern damals dem Grundgesetz nicht zugestimmt hat oder was. Wie immer die Verschwörungstheorie des Dr. M. genau beschaffen war, jedenfalls bestand er darauf, das Bundesverfassungsgericht mit ihr zu beschäftigen. Ein Drang, von dem er auch ... continue reading

Warum die Direktwahl des Bundespräsidenten nichts kuschelweich Demokratisches ist

Einer der kläglicheren Momente in der an kläglichen Momenten nicht armen Präsidentschaft von Horst Köhler war der Tag fast genau vor drei Jahren, als Köhler bei „Christiansen“ vorschlug, den Bundespräsidenten künftig direkt vom Volk wählen zu lassen. Das Thema kommt immer wieder. Es ist der Wiedergänger der verfassungspolitischen Debatte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass man mit dem Vorschlag so wunderbar hamm-brücherisieren kann: Das Staatsoberhaupt vom Volk wählen lassen, wer kann denn da dagegen sein? Sie klingt so kuschelweich demokratisch, diese Forderung, man kann so große runde Augen machen dabei. Sie klingt so lauter und so rein und dann auch irgendwie ... continue reading

Koch-Steinbrück-Liste: Karlsruhe stoppt Geheimgesetzgebung

Die Unsitte, im Vermittlungsausschuss hinter verschlossener Tür ganze Gesetze zu zimmern, ohne dass darüber je eine öffentliche Debatte stattfindet, wird künftig deutlich riskanter: Erstmals hat jetzt das Bundesverfassungsgericht ein solches Gesetz nicht nur für verfassungswidrig zustandegekommen, sondern auch selbst für verfassungswidrig erklärt. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Parteien gegenüber solchen lichtscheuen Praktiken künftig mehr Zurückhaltung auferlegen. Der Bundestag ist die „Mitte der Demokratie„, hat Paul Kirchhof mal geschrieben. Sein alter Senat erweist ihm jetzt die Ehre, diesem Grundsatz nachdrücklich Geltung zu verschaffen: Die Kompetenzverteilung im Verhältnis zwischen den Gesetzgebungsorganen weist dem Deutschen Bundestag die entscheidende Funktion im Gesetzgebungsverfahren ... continue reading

Regierungsopposition und Oppositionsregierung

Die Regierung hat die Macht, die Opposition nicht. Gerade weil und insoweit die Opposition die Macht nicht hat, kann sie sich als Alternative präsentieren und eines Tages die Macht übernehmen und die Regierung machtlos machen. So funktioniert Demokratie: So ist sie vor Zeiten in England entstanden, so lernen wir es schon im Sozialkundeunterricht, und anders können wir sie uns gar nicht mehr vorstellen. Was merkwürdig ist. Denn bei uns ist das überhaupt nicht so. Bei uns hat die Opposition immer einen Teil der Macht. Seit Jahrzehnten sind wir gewohnt, dass im Bundesrat die Union die Mehrheit bekommt, wenn im Bundestag ... continue reading

Merkel-Kritik: Sehnsucht nach einer Staatsmännin

Angela Merkel imponiert mir in diesen Tagen ungemein. Ihre Partei hätte gerne einen echten Staatsmann an ihrer Spitze, oder wenigstens eine Staatsmännin: Einen Anführer, der vom Feldherrnhügel seiner Macht aus ansagt, wo es langgeht im Land. Als ob das im Fünf-Parteien-System, im erwiesenermaßen unreformierbaren Bundesstaat, im Lissabon-Europa, in der pluralistischen Verhandlungsdemokratie der Bundesrepublik im Jahr 2010 auch nur eine entfernt realistische Vorstellung wäre. Wer heute noch den Old-School-Staatenlenker markieren will, der macht sich lächerlich. Edmund Stoiber hat es probiert, und wo ist er jetzt? Gerhard Schröder hat, wenn auch tongue in cheek, mal Basta geschrieen – und schnell gemerkt, was ... continue reading