Articles for tag: from the river to the seahamasIsrael-Gaza-KriegKennzeichenverbotMeinungsfreiheitStrafrechtVerbotsverfügungVolksverhetzung

Zwischen Fluss, Meer und Strafbefehl

Macht sich strafbar, wer den Satz „from the river to the sea, Palestine will be free“ verwendet? In aller Regel nicht. Der Slogan ist vieldeutig und Gerichte müssen bei mehreren Deutungsmöglichkeiten wegen der Meinungsfreiheit genau begründen, warum allein die strafbare Interpretation plausibel sein soll. Er kennzeichnet auch nicht die Hamas, denn verschiedene Akteure verwenden ihn seit Jahrzenten bis heute.

Ecocide à la Bruxelloise

Belgium's new ecocide provision has been hailed as a resounding victory for environmental activists, particularly so for the burgeoning Stop Ecocide campaign. But is the widespread excitement justified? Can the new law deliver on the lofty expectations? And how does it fit within the soon-to-be adopted revision of the Environmental Crime Directive at the EU level? Despite constituting a highly symbolic step, I argue that the Belgian law’s constrained scope makes it a toothless tool to punish environmental outlaws in practice.

Geschwiegen und doppelt bestraft

Drei Sozialarbeiter:innen eines Fanprojekts des Karlsruher SC weigern sich, im Strafverfahren über Vorgänge auszusagen, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind. Sie müssen Ordnungsgelder zahlen. Darüber hinaus ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Strafvereitelung durch Unterlassen gegen sie. Diese Praxis verletzt jedoch das Menschenrecht, für ein und dieselbe Tat nicht mehrfach verfolgt zu werden.

Keine Blockade, sondern eine Frage der Kompetenz

Ein „Offener Brief“ an den Bundesjustizminister vom 29. Januar, den „über 100 namhafte Frauen aus Politik, Kultur und Wirtschaft“ unterzeichnet haben, fordert diesen auf, seine „Blockade-Haltung“ gegenüber einem Vorhaben der Europäischen Kommission aufzugeben. Die Kommission setzt sich für eine Richtlinie ein, die der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt dienen soll. Unter anderem ist eine Vereinheitlichung im Sexualstrafrecht vorgesehen, nämlich beim Tatbestand der Vergewaltigung (Art. 5). Die zentrale Frage ist, inwieweit die Gestaltung von Strafrecht in die Kompetenz der EU fällt. Die Verfasserinnen des „Offenen Briefs“ scheinen davon auszugehen, dass die EU alles könne und dürfe und nur der widerborstige Bundesjustizminister ein Hindernis sei. Die Rechtslage sieht anders aus.

A Duty to Rescue

Reports of migrants drowning in the Mediterranean have, unfortunately, become more and more frequent in recent years. A recently published MSF report has highlighted the role ‘pushbacks and systematic non-assistance to those at risk of drowning proliferate’ play in this regard. The report refers specifically to two events that happened in 2023 in which national authorities failed to launch rescue operations despite receiving the information on migrants in distress at sea hours before the tragedy. In this blogpost, we assess whether a coast guard’s failure to act in situations of migrants in distress might violate an incumbent criminal law duty to rescue. We map the core elements of the duty to rescue under criminal law and how they might apply to such a chain of events, using the abovementioned event of 14 June as an example.

Ist das Rechtsgüterschutz oder kann das weg?

Die (straf-)rechtliche Regulierung der Prostitution/Sexarbeit ist seit Jahren nicht nur in feministischen Kreisen hoch umstritten. Insbesondere die Diskussion um die Einführung eines Sexkauf-Verbots nach schwedischem Vorbild kommt nicht zum Erliegen. Weniger heiß diskutiert werden die bestehenden strafrechtlichen Vorschriften, die die Prostitution betreffen. Dabei lohnt sich der Blick in den 13. und 18. Abschnitt des StGB, denn hier wird der ambivalente Blick des Gesetzgebers auf das Phänomen Prostitution/Sexarbeit einmal mehr deutlich.

Berichterstattung im Visier des Strafrechts

Die Strafnorm des § 353d StGB steht seit vielen Jahren in der Kritik. Im Kern kommt es zu einer „Kriminalisierung korrekter Berichterstattung“. Dies droht auch Arne Semsrott, seinerseits Journalist und Projektleiter der Plattform „FragDenStaat“. Er hat drei Beschlüsse des Amtsgerichts München aus laufenden Strafverfahren in anonymisierter Form veröffentlicht, um auf streitbare und mitunter unverhältnismäßige Ermittlungsmaßnahmen gegen Mitglieder der sog. „Letzten Generation“ hinzuweisen. Zeit, die Norm aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Decolonising Criminal Law?

On August 11, the last day of the ongoing session of Parliament, the Indian Government tabled a notice that it wished to introduce three new bills on the Floor of the House for consideration. These were proposed statutes to replace the holy trinity of Indian criminal law: The Indian Penal Code of 1860, the Criminal Procedure Code of 1973, and the Indian Evidence Act of 1872, were to be replaced by the Bharatiya Nyaya Sanhita, the Bharatiya Nagrik Suraksha Sanhita and the Bharatiya Sakshya Adhiniyam respectively. Even though the reform was marketed as an attempt to break from the colonial origins of criminal law, it actually represents a resurgence of the colonial-style authoritarian approach, rather than an effort to build upon the relatively modest progress made half a century ago in advancing individual freedom and civil rights.

How a Boat Trip to Estonia Challenged the Foundations of the Finnish Sentencing System

In August 2015, a Finnish citizen embarked on a tour from Finland to Estonia and back on a pleasure boat. The private boat trip quickly evolved into a matter of great significance. His journey not only challenged the foundations of the Finnish sentencing system but also shed new light on the requirements of proportionality that EU law may impose on national sentencing systems more broadly. The boatman was fined for not carrying his passport. He contested the penal order, and the case was heard by the district court before being escalated to the Supreme Court of Finland. The Supreme Court sought a preliminary ruling from the European Court of Justice (ECJ), which delivered a verdict that struck at the very core of the Finnish sentencing system.

Über die sogenannte Clankriminalität

Bereits seit Jahren ist das Phänomen der „Clankriminalität“ in der rechts- und kriminalpolitischen Diskussion in Deutschland omnipräsent und wird dabei sowohl von Medien als auch von weiten Teilen des Parteienspektrums als Inbegriff bekämpfungswürdiger Kriminalität und besondere Bedrohung für die Sicherheitslage in der Republik dargestellt. In den letzten Tagen geriet der Begriff im Zusammenhang mit einem „Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Rückführung“ aus der Feder des Bundesministeriums des Inneren und für Heimatschutz erneut in die Schlagzeilen. Die Selbstverständlichkeit, mit der die meisten Beiträge zu dieser – auch noch aus anderen Gründen verunglückten – Debatte (mal wieder) auf den Begriff der „Clankriminalität“ zurückgreifen, gibt mir Anlass zum Widerspruch.