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Eine Antwort, viele neue Fragen

Vor einem Staat, der durch Grundrechte nicht gebunden ist, muss man Angst haben. Grundrechtlich gebundene Staatsgewalt ist nicht per se daran gehindert, in Grundrechte einzugreifen, aber sie muss sich dafür im Lichte der verfassungsrechtlichen Anforderungen rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund muss es nicht verwundern, dass man die Entwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung als eine Entwicklung hin zu einem immer lückenloseren Grundrechtsschutz lesen kann. Von diesem Grundsatz scheinbar ausgenommen war bislang (zumindest teilweise) staatliches Handeln außerhalb des Staatsgebietes.

Corona Constitutional #26: Das BND-Urteil

Karlsruhe hat entschieden: Auch im Ausland müssen sich deutsche Behörden an Grundrechte halten, auch ausländische Staatsbürger dürfen nicht uneingeschränkt überwacht werden. Warum die Zivilgesellschaft aufatmen, sich aber auf keinen Fall zurücklehnen darf, bespricht Alexander Melzer im heutigen Podcast mit WOLFGANG KALECK, Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Lernfähige KI erfordert lernfähiges Polizeirecht

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Sicherheitsbereich führt ein bekanntes Paradox vor Augen: Technische Hilfsmittel, die die öffentliche Sicherheit erhöhen sollen, können selbst zur Quelle der Unsicherheit werden und Freiheitsrechte gefährden. Ihr Einsatz muss daher rechtlich eingehegt werden. Dafür reichen weit gefasste Regelungen nicht aus, die neue technische Entwicklungen ohne weitere kritische Erwägungen mit abdecken. Ein technikoffenes Recht allein wird dem Einsatz von KI nicht gerecht. Das Recht muss angesichts des zunehmenden Einsatzes lernfähiger Systeme selbst verstärkt lernfähig werden.

Das deutsche Ohr im globalen Kommunikations­strom

Wenn eine Syrerin mit einer Syrerin in Syrien telefoniert und von deutschen Sicherheitsbehörden dabei abgehört wird – kann sie sich dann auf das deutsche Grundgesetz berufen? Unter den vielen Grundsatzfragen, die bei der heutigen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht zum Thema BND-Gesetz diskutiert wurden, war diese wohl die grundsätzlichste. Und so viel wird man nach dem Verlauf der Verhandlung sagen können: Dass die Antwort, so wie sie die Bundesregierung und die Überwachungspraxis derzeit gibt, im Großen und Ganzen schlankwegs Nein bleiben wird, ist nach den kritischen Rückfragen vieler Richter_innen des Ersten Senats zu schließen eher unwahrscheinlich.

Liegt Troja bald in Hessen? Ein neues Hessisches Verfassungsschutz­gesetz

Die schwarz-grüne Koalition plant ein Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen. Dabei bemüht sich der Entwurf immerhin um eine Anpassung der Regelungen an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz. Auch dies ist allerdings nur teilweise gelungen. Soweit der Gesetzentwurf tatsächlich einmal eigenständige Wege geht, bestehen diese vor allem in einer nochmaligen Ausweitung der Befugnisse des Hessischen Landesamts.

How the UK passed the most invasive surveillance law in democratic history

You might not have noticed thanks to world events, but the UK parliament recently approved the government’s so-called Snooper’s Charter and it will soon become law. This nickname for the Investigatory Powers Bill is well earned. It represents a new level and nature of surveillance that goes beyond anything previously set out in law in a democratic society. It is not a modernisation of existing law, but something qualitatively different, something that intrudes upon every UK citizen’s life in a way that would even a decade ago have been inconceivable.

Selektoren-Urteil des BVerfG: Karlsruhe verzwergt das Parlament

In der vergangenen Woche hat das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss zum Beweiserhebungsrecht des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestages veröffentlicht. Er definiert die Maßstäbe, nach denen der Bundestag Auskunft über die Kooperation deutscher Nachrichtendienste mit ausländischen Diensten verlangen kann – mit weitreichenden Folgen für die demokratisch-rechtsstaatliche Kontrolle des außen- und sicherheitspolitischen Handelns der Bundesregierung insgesamt. In der Zusammenschau mit früheren Entscheidungen zeigt sich eine kritikwürdige Rechtsprechungslinie, die die exekutive Handlungsfähigkeit als verfassungsrechtliches Prinzip konstruiert, das sich von den demokratischen Prinzipien des Grundgesetzes verabschiedet.