Articles for tag: DiskriminierungPolizeikontrollenRacial ProfilingTerror

Mit heißer Nadel gestricktes Polizeirecht

Die beabsichtigte Änderung im Bundespolizeigesetz (BPolG) hat im Nachgang zum Anschlag in Solingen bisher wenig Aufmerksamkeit erhalten, obwohl sie weitreichende Folgen hätte. Die Adressaten des § 22 Abs. 1b BPolG n.F. sind nämlich keine flüchtigen Straftäter:innen oder sich besonders verdächtig verhaltende Personen. Die Norm ermächtigt vielmehr dazu, jede Person, die sich in einem bestimmten Bereich aufhält, zu befragen, den Ausweis zu prüfen oder zu durchsuchen. Die Person muss dazu keinen Anlass geben. Mit der in der Gesetzesbegründung ausdrücklich formulierten Reaktion auf islamistischen Terrorismus obliegt es damit letztlich allein dem Ermessen der Beamt:innen, wen es trifft - und birgt damit ein erhöhtes Diskriminierungspotential.

Ein Schnellschuss ins rechte Seitenaus

Wenige Tage nach dem Anschlag von Wien am 2. November hat die österreichische Bundesregierung die Leitlinien eines Anti-Terror-Pakets präsentiert. Zwar hätte der Anschlag auch schon mit den derzeitigen juristischen Möglichkeiten zur Überwachung von Gefährder*innen verhindert werden können. Aber ungeachtet dessen sollen im Eilzugstempo (geplant noch im Dezember 2020) rechtliche Verschärfungen beschlossen werden, die massiv in Grund- und Freiheitsrechte eingreifen. Mit einer vernunftgeleiteten Kriminalpolitik, die auch in solchen Zeiten mit Bedacht reagiert und sich nicht vom Boulevard treiben lässt, haben diese Pläne nichts zu tun.

L’état d’urgence in the wake of the Paris attacks and its judicial aftermath

With the shock of the Paris attacks still fresh, further images started to flood the media in their immediate aftermath: Soldiers were not only seen boarding Rafale fighter jets but also patrolling the streets in France and Belgium, police raids were and are still conducted day and night throughout France, numerous arrests were made and even more people set under house arrest. Those internal executive measures in France are based on the déclaration de l’état d’urgence (in parts already discussed here). Now that the situation slightly calmed down, but with the state of emergency still enacted, the first administrative court decisions on those measures are in, deeming the police behavior just on all points.

EuGH korrigiert strikte Linie der ersten Instanz zu Anti-Terrorlisten

Der EuGH hat heute zwei Entscheidungen veröffentlicht, an denen Eric Posner und andere Apologeten einer entfesselten Exekutive ihre Freude haben dürften. Es geht um das Einfrieren des Vermögens potenzieller Terror-Unterstützer und anderer Leute, die man aus mehr oder weniger guten Gründen für Schurken hält. Das ist ein Freiheitseingriff, wie man ihn unterhalb der Schwelle körperlicher Züchtigung sich kaum drastischer vorstellen kann. Man verliert jede wirtschaftliche Bewegungsfreiheit. Man wird quasi selber bei lebendigem Leib ökonomisch eingefroren. Und dafür reicht schon ein bloßer Verdacht. Bis vor einigen Jahren erfuhr man womöglich noch nicht einmal, aus welchen Gründen man auf die schwarze Liste ... continue reading

Den Terror aushungern

Ehefrauen von Terrorverdächtigen dürfen keine Sozialhilfe bekommen. Weil damit könnten sie ja Lebensmittel einkaufen. Und daraus ein Mittagessen kochen. Und das ihrem Mann vorsetzen. Darf nicht sein. Es fällt nicht leicht, das zu glauben, aber einer heute ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge war genau dies die Sichtweise der britischen Regierung. Das wird sich jetzt ändern müssen, denn der EuGH sieht das doch ein bisschen anders. Im Januar 2002 beschloss der UN Sicherheitsrat, dass alle Personen mit Verbindungen zu Taliban oder Al-Kaida auf eine Liste kommen und ihr gesamtes Vermögen eingefroren wird. Wer auf dieser Liste landet, soll keinen ... continue reading

Geht ein Mann in den Flughafen…

Das Ganze klingt wie ein Witz: Geht ein Mann in den Flughafen, legt seinen Computer aufs Fließband, nimmt ihn wieder an sich, schlendert noch ein bisschen durch den Duty Free, setzt sich hin, steht wieder auf, wartet auf seine Maschine, das ganze dauert ewig, dann wird der Flughafen geräumt, er ärgert sich tüchtig und geht schließlich seiner Wege. Und jetzt kommt die Pointe: Dieser Vorgang versetzt die ganze Republik in Terroralarm. Bevor wir uns jetzt alle schlapp lachen, stellen wir uns mal kurz vor, wie es dem Mann ergangen wäre, wenn ihn auf seinem Spaziergang durch den Duty Free Shop ... continue reading

Moscheen filzen in Niedersachsen

Im Land Niedersachsen ist es offenbar seit langem geübte Praxis, gelegentlich Moscheen nach dem Freitagsgebet abzuriegeln und die Moscheebesucher zu kontrollieren. Ohne Verdacht, einfach so. So will man einen Terroristen fangen auf diese Weise. Hat man zwar noch nie. Aber kann ja noch passieren. Jetzt erregt diese Praxis allerdings selbst in den USA Aufmerksamkeit. Dort passieren bekanntlich in punkto Terrorbekämpfung noch ganz andere Dinge. Dennoch findet selbst Eugene Volokh, bestimmt kein liberales Weichei: That seems like unjustifiable religious discrimination, and also not particularly helpful in catching terrorists, especially when done “routinely.” Nor is it easily justifiable, I think, as a ... continue reading