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Das Würgen der Briten an der Menschenrechtskonvention

Dass die Briten ihre Schwierigkeiten mit der Europäischen Menschenrechtskonvention haben, ist seit langem bekannt: Immer noch würgt das britische Parlament an der Kröte, die ihr der EGMR im Fall Hirst zu schlucken gegeben hat – jenem in UK heftigst umstrittenen Urteil, wonach die britischen Strafgefangenen nicht pauschal von der demokratischen Teilhabe ausgeschlossen werden dürfen. Großbritannien hat keine Verfassung und kein Verfassungsgericht. Sein Parlament ist souverän, und was es an Recht beschließt, ist keinem höherrangigen Recht mehr unterworfen. Zwar gibt es seit einigen Jahren den Human Rights Act, der die EMRK in britisches Recht transformiert. Aber wenn ein Gericht zu dem ... continue reading

Großbritannien lehnt sich gegen EGMR auf

Wir haben ja unseren eigenen Ärger mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), in punkto Sicherungsverwahrung etwa, oder wenn es um die Frage überlanger Gerichtsverfahren geht. Aber wir versuchen nach Kräften, uns zu benehmen. Was man von den Briten derzeit nicht behaupten kann. Die steuern mit einer Stiernackigkeit auf eine Kollision mit dem Straßburger Gericht zu, die wirklich ihresgleichen sucht. Anlass des Streits ist ein Urteil der Großen Kammer von 2005, Hirst v. United Kingdom: Nach britischem Recht dürfen Strafgefangene nicht wählen. Das, so der EGMR, verstößt gegen die Menschenrechtskonvention. Die Briten sind da nicht die Einzigen. Erst in den ... continue reading

Das neue britische Wahlrecht wäre in Deutschland verfassungswidrig

In an equal democracy (…), the majority of the people, through their representatives, will outvote and prevail over the minority and their representatives. But does it follow that the minority should have no representatives at all? Because the majority ought to prevail over the minority, must the majority have all the votes, the minority none? Is it necessary that the minority should not even be heard? In a really equal democracy, every or any section would be represented, not disproportionately, but proportionately. Das schrieb John Stuart Mill 1861 über das klassische britische Mehrheitswahlrecht. Das beruht bekanntlich auf dem Gedanken, dass ... continue reading

Großbritannien generalsaniert seine Verfassung

Kann man etwas reformieren, was es gar nicht gibt? Man kann, wenn man die britische Regierung ist und es sich um die britische Verfassung handelt, die es natürlich sehr wohl gibt, wenngleich nicht in geschriebener Form. Vize-Premier Nick Clegg hat gestern bekannt gegeben, was die neue Tory/LibDem-Koalitionsregierung künftig am Bauplan des britischen Staatswesens verändern will. First and foremost: Am 5. Mai 2011 werden die Briten in einem Referendum entscheiden, ob sie die Kraft finden, sich von ihrem bizarren post-feudalistischen Wahlrecht zu verabschieden. Im Augenblick kriegt der Kandidat mit den meisten Stimmen den Parlamentssitz für seinen Wahlkreis, und sei es auch ... continue reading

Die siebzehn Körper der Elizabeth Windsor

Aus der Abteilung Buntes und Vermischtes folgende Preisfrage: Wie heißt die Königin von Kanada? Sie heißt Elizabeth Alexandra Mary Windsor und wohnt gewöhnlich im Buckingham Palace in London. Also die Königin von England? Oh nein. Die Königin von Kanada. Das klingt jetzt albern und ist es eigentlich auch, aber Liebhaber staatsrechtlicher Begriffsjurisprudenz können sich an so etwas freuen, wie hier ausführlich begründet. Ein souveräner Staat kann nicht die Königin eines anderen Staates zum Oberhaupt haben. Daher muss es sich staatsrechtlich um verschiedene Personen handeln. Es gibt Mrs. Elisabeth Windsor. Es gibt die Königin von England bzw. des Vereinigten Königreichs. Und ... continue reading

Menschenrechte am Hindukusch: Was, wenn die in Straßburg klagen?

Soldaten aus Europa verteidigen Demokratie und Menschenrechte seit längerer Zeit am Hindukusch und in anderen von Europa aus gesehen entlegenen Regionen. Dabei kommen bekanntlich immer wieder mal Menschen auf eine Weise ums Leben, die mit den universellen Menschenrechten, sagen wir mal, nur unter heftigen Verbiegungen in Einklang zu bringen sind. Und manchmal nicht mal dann. Was passiert, wenn diese Menschen bzw. ihre Angehörige ihre Menschenrechte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg einklagen? Mal von den politischen Implikationen abgesehen – kann es Aufgabe des EGMR sein, den Afghanistan-Konflikt und die Rolle der europäischen Soldaten darin zu mikromanagen? Wenn nein, ... continue reading

Nähert sich das Ende des Mehrheitswahlrechts?

Die Briten haben gewählt. Aber was? Das britische Wahlsystem hat sein großes und einziges Versprechen, nämlich das es klare Mehrheiten generiert, nicht einlösen können. Damit ist ihm seine Legitimationsgrundlage entzogen. Damit gibt es kein einziges Argument mehr, das man für dieses Wahlsystem noch ins Feld führen könnte. Ist das Mehrheitswahlrecht damit erledigt? Nicht sicher. Aber möglich. Immerhin. Das relative Mehrheitswahlrecht der Briten teilt das Land in Wahlkreise ein, und in jedem Wahlkreis gewinnt der Kandidat ein Mandat, der am meisten Stimmen bekommt. Das ist einfach und hat lange gut funktioniert, aber die Schwäche dieses Systems liegt auf der Hand: Viele ... continue reading

Während wir auf das britische Wahlergebnis warten…

… sollten wir uns, auch als nicht Wahlberechtigte, Timothy Garton-Ashs flammenden Appell im Guardian, Lib-Dem zu wählen und so die verfassungspolitische Wende im Inselstaat herbeizuführen, zu Gemüte führen. Womöglich wählen die Briten gerade das Mehrheitswahlrecht ab. Schon eine aufregende Vorstellung. Mehr dazu hier.

Den Terror aushungern

Ehefrauen von Terrorverdächtigen dürfen keine Sozialhilfe bekommen. Weil damit könnten sie ja Lebensmittel einkaufen. Und daraus ein Mittagessen kochen. Und das ihrem Mann vorsetzen. Darf nicht sein. Es fällt nicht leicht, das zu glauben, aber einer heute ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge war genau dies die Sichtweise der britischen Regierung. Das wird sich jetzt ändern müssen, denn der EuGH sieht das doch ein bisschen anders. Im Januar 2002 beschloss der UN Sicherheitsrat, dass alle Personen mit Verbindungen zu Taliban oder Al-Kaida auf eine Liste kommen und ihr gesamtes Vermögen eingefroren wird. Wer auf dieser Liste landet, soll keinen ... continue reading

Werden die Briten doch noch Europäer?

Mehrheitswahlrecht führt naturgesetzartig zu klaren Mehrheiten. Das ist sein großer Vorzug. Man braucht keine Koalitionen, man braucht keine faulen Kompromisse, man bekommt klare Verantwortlichkeiten und eine saubere Trennung zwischen Regierung und Opposition. Siehe Großbritannien. Denkt man. Ist aber nicht so. Großbritannien hat mitnichten ein Zwei-Parteien-System, wie man vom Kontinent aus gesehen leicht den Eindruck hat. Neben Labour und Konservativen gibt es bekanntlich die Liberaldemokraten. Und die schottischen Nationalisten. Und die rechtsextreme BNP. Und die Extrem-Euroskeptiker von der UK Independence Party. Und Iren und Waliser und allerhand sonderbare Kleinparteien. Im Unterhaus sind zehn Parteien vertreten. Doppelt so viele wie im Bundestag. ... continue reading