Articles for tag: KoalitionsvertragStrafrechtVolksverhetzung

Volksverhetzung und die Entziehung des passiven Wahlrechts

Ein neuer Vorstoß zur Verschärfung des Volksverhetzungsparagrafen wirft heikle Fragen zur Grenze zwischen Strafrecht und Meinungsfreiheit auf. Wird das passive Wahlrecht an politisch aufgeladene Tatbestände geknüpft, droht ein gefährlicher Präzedenzfall - mit weitreichenden Folgen für die politische Teilhabe und das Vertrauen in den Rechtsstaat. Gerade der Umgang mit § 130 StGB erfordert deshalb juristische Zurückhaltung und ein gefestigtes Verständnis demokratischer Resilienz.

Rallying under a Nazi Swastika Flag

On April 5th, 2024, the Helsinki Court of Appeal held that rallying under a Nazi swastika flag constituted an offense of incitement to hatred, namely, agitation against a group of population. Contrary to German law, Finnish law does not include any specific prohibition of symbols of this kind. It therefore leaves it open under which circumstances the public use of symbols such as those linked with the Nazi regime in fact constitute a criminal offense. Against this background, the Court of Appeal’s conclusion is to be welcomed. Had the outcome been different, this would have triggered a set of difficult questions of how to amend the regulatory framework in order to address this issue. The judgment may, however, still be appealed.

Zwischen Fluss, Meer und Strafbefehl

Macht sich strafbar, wer den Satz „from the river to the sea, Palestine will be free“ verwendet? In aller Regel nicht. Der Slogan ist vieldeutig und Gerichte müssen bei mehreren Deutungsmöglichkeiten wegen der Meinungsfreiheit genau begründen, warum allein die strafbare Interpretation plausibel sein soll. Er kennzeichnet auch nicht die Hamas, denn verschiedene Akteure verwenden ihn seit Jahrzenten bis heute.

„Impfung macht frei“ als Sachkritik

Mit der Parole „Impfung macht frei“ agitierten Impfgegner*innen in den letzten Jahren gegen die Corona-Maßnahmen. Wie der in den Protesten allgegenwärtige „Ungeimpft“-Stern zieht auch die „Impfung macht frei“-Parole Parallelen zum Holocaust. Die Impfgegner*innen haben auf diese Weise ihre Situation mit der der Jüd*innen im Dritten Reich verglichen. Wie die Jüd*innen im Nationalsozialismus, seien die Impfgegner*innen von heute unfrei, ausgegrenzt und von staatlicher Politik unterdrückt. Dass diese Gleichsetzungen geschmacklos, geschichtsvergessen und grenzenlos dumm sind, liegt auf der Hand. Sind sie aber auch verboten?

Regieren der Erinnerung durch Recht

Knapp zwölf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist implementiert Deutschland die von einem EU-Rahmenbeschluss vorgegebene Pflicht, die Leugnung von Völkermorden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe zu stellen. Was ein hehres Ziel ist – die Bekämpfung von Geschichtsrevisionismus –, zieht Probleme nach sich, die zum Teil im Rahmenbeschluss selbst wurzeln, zum Teil in der deutschen Umsetzung.

Welcher Skandal?

Ein kriminalpolitischer Skandal – tönt es aus Zeitungsberichten, Kommentaren und Tweets. Und das, obwohl sich die neue Regierung ausdrücklich einer evidenzbasierten, wissenschaftlich beratenen und zurückhaltenden Strafgesetzgebung verschrieben hat. Was ist geschehen? Der Deutsche Bundestag hat vor wenigen Tagen den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) um einen weiteren Absatz ergänzt.

Volksverhetzung gegen Frauen

Kürzlich hat das OLG Köln entschieden, dass man auch gegen Frauen Volksverhetzung begehen kann. Diese wichtige Entscheidung ist Ausfluss der Einsicht, dass Hasskriminalität eine geschlechtsbezogene Dimension besitzt. Vor allem Hate Speech im digitalen Raum richtet sich häufig gegen Frauen. Die Entscheidung des OLG Köln überträgt dies in die strafrechtliche Praxis. Betrachtet man die Entscheidung zusammen mit den in Kürze in Kraft tretenden strafgesetzlichen Änderungen zum Thema Hasskriminalität, die erstmals auch Frauen als besonders stark von Hate Speech Betroffene in den Blick nehmen, zeichnet sich daher ein Paradigmenwechsel ab.

Holocaust, Meinungsfreiheit und Sonderrechtsverbot – BVerfG erklärt § 130 III StGB für verfassungsgemäß

Ist der Straftatbestand der Holocaust-Leugnung verfassungswidriges Sonderrecht „gegen rechts“? Diese Frage war bislang heftig umstritten – und durch die Senatsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls noch nicht ausdrücklich entschieden. Jetzt beantwortet das Gericht diese Frage per Kammerentscheidung mit Nein.

Geert Wilders’ “Incitement to Discriminate” Trial

Months before the parliamentary elections in the Netherlands, the leader of the far-right Freedom Party and election favorite Geert Wilders finds himself before a criminal court. He is charged with insulting and inciting discrimination against residents of Moroccan descent by promising his supporters "fewer Moroccans" in 2014. Wilders and his defence seem to invoke the theory of the ‘marketplace of ideas’, which is a common line of thinking in United States First Amendment law. The principal standard for Dutch courts however, the European Convention of Human Rights, takes a somewhat different stance.