Die postheroische EU

Leichtgewichtig, unbekannt, glanzlos, introvertiert, unerfahren – das Urteil der Eurobloggosphäre über das Van Rompuy/Ashton-Ticket fällt ziemlich einhellig vernichtend aus.  Ich will da gar nicht widersprechen. Aber ein kleiner ketzerischer Gedanke: Zeigt sich in dem Gipfelergebnis nicht einmal mehr, dass wir mit unserer Sehnsucht nach starken Führungspersonen an der Spitze der EU, nach einem, der sagt, wo es langgeht, nach einem in die alte Welt gespiegelten Amerika, mit einem Wort: nach der EU als STAAT!!! eben halt doch nun mal leider auf dem falschen Dampfer sind? Temperamentvoller und entrüsteter Widerspruch erwünscht.

EGMR-Richterstelle zu besetzen. Jemand interessiert?

Das ist doch mal ein interessantes Jobangebot in diesen Zeiten: Die deutsche Richterstelle am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird frei. Renate Jaegers Amtszeit läuft am 31. 10. 2010 ab. Jetzt ruft das Bundesjustizministerium alle Interessierten auf, sich für den Posten zu bewerben. Sonst werden Richterposten dieser Art und Güte als Politikum behandelt und ihre Besetzung im Hinterzimmer ausgekartelt. Ist das jetzt nur ein Stück transparenzpolitisches Windowdressing oder steckt da möglicherweise tatsächlich die Absicht dahinter, daran was zu ändern? Ich kann’s nicht recht glauben. Aber schaden kann es nicht: Wer über das nach 21 EMRK nötige „hohe sittliche Ansehen“ und entweder ... continue reading

EuGH: Wehe dem Staat, dessen Oberste Richter die Verträge verletzen

Das könnte für uns relevant werden, wenn das BVerfG ernst macht mit seiner Drohung aus dem Lissabon-Urteil und EuGH-Urteile für verfassungswidrig erklärt: Ein solches Urteil wäre europarechtlich eine Vertragsverletzung. Und Deutschland würde es überhaupt nichts helfen, dass weder die Regierung noch sonst irgendjemand außer Karlsruhe selbst in der Lage wäre, diese Vertragsverletzung abzustellen. Die richterliche Unabhängigkeit ist kein Argument, wenn es um die Haftung für Vertragsverletzungen geht. Der EuGH hat heute festgestellt, dass dies auch bei höchstrichterlichen Urteilen gilt: 124 Enfin, le Royaume d’Espagne a invoqué la difficulté pour lui de remédier au manquement allégué par la Commission dès lors ... continue reading

BVerfG: Länder dürfen private Baudenkmäler strafrechtlich schützen

Das Bundesverfassungsgericht sieht nach einem heute veröffentlichtem Beschluss offenbar kein Problem dabei, wenn Bausünder, die denkmalgeschützte Gebäude abreißen, landesrechtlich zu Straftätern gemacht werden. Einen Vorlagebeschluss des AG Meißen, die sächsische Strafvorschrift für verfassungswidrig zu erklären, hat die 2. Kammer des Zweiten Senats für unzulässig erklärt. Denkmalschutz ist Bundessache, und nach § 304 StGB ist nur die Zerstörung eines „öffentlichen Denkmals“ eine Straftat. Nach Ansicht der 2. Kammer lässt sich daraus aber noch nicht schlussfolgern, dass der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz damit abschließend Gebrauch gemacht habe: Öffentliche Denkmäler seien für die Öffentlichkeit (zumindest eingeschränkt) zugänglich und damit besonders gefährdet. Das rechtfertige ... continue reading

Datenschutz-Beauftragte: Unabhängig genug, meint der Generalanwalt

Die Datenschutz-Kontrolle in Deutschland geht, was ihre Unabhängigkeit betrifft,  europarechtlich wohl in Ordnung. Der Generalanwalt beim EuGH Ján Mázak kommt in seinen heute veröffentlichten Schlussanträgen (Az.: C-518/07) zu dem Schluss, dass nach gegenwärtigem Stand der Erkenntnis es keinen Grund gibt zu glauben, dass die staatliche Aufsicht über die Kontrollstellen deren Unabhängigkeit beeinträchtigt. Das Gericht folgt bekanntlich den Schlussanträgen des Generalanwalts in den meisten Fällen. Deutschland war von der Kommission verklagt worden, weil die Datenschutzbeauftragten nicht institutionell unabhängig sind, sondern landesrechtlich der staatlichen Aufsicht unterstehen. In der maßgeblichen Richtlinie wird aber verlangt, dass sie in „völliger Unabhängigkeit“ ihrer Arbeit nachkommen sollen. ... continue reading

Europaparlament und Fünf-Prozent-Hürde

Auch bei den Europawahlen gibt es eine Fünf-Prozent-Hürde. Warum eigentlich? Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten: Die Hürde wird damit gerechtfertigt, dass das Parlament die Regierung wählt und eine stabile Regierungsmehrheit durch Splitterparteien im Parlament schwerer herzustellen wäre. In Europa gibt es dagegen so etwas wie eine „Regierungsmehrheit“ überhaupt nicht. Der Bestsellerautor und als Staatsverfallskassandra einschlägig bekannte Professor Hans-Herbert von Arnim hat neben einigen anderen gegen die Europawahl Einspruch eingelegt: Die Fünf-Prozent-Hürde sei verfassungswidrig und genüge den neuerdings viel strengeren Maßstäben des BVerfG an die Wahlrechtsgleichheit nicht mehr. Im Prinzip leuchtet mir auch nicht recht ein, was ... continue reading

Tschechiens Lissabon-Urteil

Drüben bei Adjudicating Europe gibt es das Urteil vom 3. November auszugsweise auf Englisch – hoch interessant! Die Kläger haben sich stark auf die Lissabon-Entscheidung unseres Zweiten Senats gestützt. Doch das Brünner Gericht hat den Karlsruher Kollegen eine Menge zu sagen. Da ist zum einen der Punkt, dass das Bundesverfassungsgericht Politikmaterien definiert, die nicht auf die europäische Ebene übertragen werden dürfen. Zitiert nach AE: It reminds that in its [Lisbon Treaty I judgment] the Constitutional Court stated that “these limits should be left primarily to the legislature to specify, because this is a priori a political question, which provides the ... continue reading