Im Namen des Gesetzes

Die Frage, ob die grammatisch männliche Ansprache eine Frau in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und ihren Rechten aus Art. 3 GG verletzt, bleibt vorerst weiter unbeantwortet. Die Verfassungsbeschwerde einer Sparkassenkundin, die gegen ihre Ansprache als "Kunde" in den Formularen der Bank geklagt hatte, hat das Bundesverfassungsgericht wegen Begründungsmängeln als unzulässig zurückgewiesen (Beschl. v. 26.05.2020 Az. 1 BvR 1074/18). Damit bleibt vorerst offen, ob ein Recht auf Nichtdiskriminierung durch Sprache besteht. Die Auseinandersetzung mit der Argumentation der Vorinstanz zeigt jedoch, dass in den Augen des BVerfG auch rechtliche Texte bis hin zum Grundgesetz selbst einem Sprachwandel unterworfen sein können, der gesellschaftliche Realitäten widerspiegelt.

Volksverhetzung gegen Frauen

Kürzlich hat das OLG Köln entschieden, dass man auch gegen Frauen Volksverhetzung begehen kann. Diese wichtige Entscheidung ist Ausfluss der Einsicht, dass Hasskriminalität eine geschlechtsbezogene Dimension besitzt. Vor allem Hate Speech im digitalen Raum richtet sich häufig gegen Frauen. Die Entscheidung des OLG Köln überträgt dies in die strafrechtliche Praxis. Betrachtet man die Entscheidung zusammen mit den in Kürze in Kraft tretenden strafgesetzlichen Änderungen zum Thema Hasskriminalität, die erstmals auch Frauen als besonders stark von Hate Speech Betroffene in den Blick nehmen, zeichnet sich daher ein Paradigmenwechsel ab.

Homophobia Disguised as Children’s Rights in Russia’s Constitutional Referendum

From the 25th of June to the 1st of July, Russia is holding a referendum, in which citizens are asked to vote on a package of amendments to the country’s constitution. The amended constitution could enable President Putin to remain in power until 2036. State officials reportedly played down the resetting of presidential term limits. Instead, they focused on other amendments, especially those concerning faith in god, the preeminence of the Russian language, and the definition of marriage exclusively as a union between a man and a woman.

Workplace Pride

The United States Supreme Court issued a landmark decision in Bostock v. Clayton Countyon 15 June 2020 with major implications for 8,1 million LGBTQ+ workers (1 million of which transgender individuals), that now enjoy protection against discrimination on grounds of sexual orientation and/or gender identity. This contribution delves into the Court’s decision and its consequences, and also discusses its past key LGBTQ+ related rulings that have brought much-needed equality for the LGBTQ+ community in the last 20 years.

Ein Lieferkettengesetz – wichtiger denn je

Wenn aktuell über Lieferketten gesprochen wird, geht es vor allem darum, wie ihre Funktionsweise trotz Corona-Krise aufrechterhalten werden kann. Über die Auswirkungen der Krise am Anfang der Lieferketten wird kaum gesprochen. Dort arbeiten Menschen unter Bedingungen, die keine soziale Distanz zum Schutz der eigenen Gesundheit erlauben. Weil europäische Firmen massenhaft Aufträge stornieren, werden Arbeiter*innen auf die Straße gesetzt, ohne dagegen sozial abgesichert zu sein. Das Lieferkettengesetz, um das es in diesem Symposium geht, ist ein Baustein für eine fairere Globalisierung.

Der biologische Essentialismus hinter „lediglich empfundener Inter­sexualität“

Das Recht lebt von Kategorisierungen. Kategorisierungen wiederum implizieren Begrenzungen, sogar gewaltsame Begrenzungen. Der aktuelle Beschluss des Bundesgerichtshofs zur „lediglich empfundenen Intersexualität“ bringt dies besonders deutlich zum Vorschein: Die scheinbar rechtstechnische Frage nach der anwendbaren Norm für die Änderung oder Löschung eines personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags entpuppt sich als zutiefst politisch. An ihr kristallisieren sich grundlegende Fragen zu Geschlechterverständnissen, zu Körperlichkeit, und zu Selbst- und Fremdbestimmung.

Pandemie und Strafvollzug

Ein Ausbruch des Coronavirus hätte im Gefängnis schwerwiegende Folgen, weshalb unter anderem der Kontakt nach außen stark beschränkt wurde. Auch wenn all diese Einschränkungen dem Schutz der Gefangenen dienen, wirken sich diese für die Gefangenen und ihre Familien teilweise gravierend aus. Insbesondere ihre Rechte aus Art. 6 GG und das Recht auf Resozialisierung sind stark betroffen.

How to protect the Vulnerable?

In the Corona crisis, balancing between containment measures and the protection of fundamental rights becomes even more pressing with respect to vulnerable groups, especially in view of proposals aiming at restricting curfews to high-risk populations. Over-emphasizing their need for protection bears the risk of disregarding their rights and autonomy and one-sidedly imposing paternalistic measures in order to urge a solution and alleviate economic consequences.

„Kinderrechte im Grundgesetz“ – Chancen und Risiken

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die ihrem eigenen Zeitplan um Monate voraus ist, kommt im parlamentarischen Geschäft eher selten vor. Hintersinnig ließe sich fragen, wovon die Große Koalition durch ihren Eifer zum „Gedöns im Grundgesetz“ (Jestaedt) tatsächlich ablenken will. Immerhin ist es positiv zu würdigen, dass der für Ende des Jahres angekündigte Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kinderrechte im Grundgesetz“ schon am 25. Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Foreign Ideas about ‘Child Marriage’?

On 4 September 2019, a Frankfurt court ruled that Germany must recognize marriages involving minors that had been concluded within the EU. The case involved a couple who had married in Bulgaria and now resides in Germany. The bride was 17 when she wed. The case throws into sharp relief hidden assumptions within the broader debate about ‘child marriage’ that has occupied German politicians and commentators over the last two years. These assumptions matter because they reflect broader European and international popular and political discussions as well as laws. But they also matter because they ignore a number of important developments over the last century across much of the world in reforming family law.