Das dosierte Menschenrecht

Die Bundesregierung plant erneut, die bereits enorm prekäre Gesundheitsversorgung Geflüchteter weiter zu verschärfen. So stellt sie sich weiter in schroffen Gegensatz zur umfassenden Gewährleistung des Rechts auf Gesundheit. Seit dem 8. September prüft nun der UN-Fachausschuss den jüngsten Staatenbericht Deutschlands zur Umsetzung des UN-Sozialpakts. Mehrere NGOs weisen gemeinsam auf eine lange „List of Issues“ systemischer Defizite hin, die zeigen: Deutschland verstößt mit der Vorenthaltung von Gesundheitsleistungen für Geflüchtete gegen seine grund- und menschenrechtlichen Verpflichtungen.

Reproduktive Ungerechtigkeit

Reproduktive Rechte befinden sich weltweit in einer Krise. Der aktuelle Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen zeigt, dass Familienplanung und Fortpflanzung unter erheblichem (bevölkerungs-)politischen Druck stehen, auch in Deutschland. Schwarze Aktivistinnen fordern seit langem, diese Entwicklung nicht nur als Einschränkung persönlicher Freiheit zu sehen, sondern die strukturellen Ursachen als Teil der reproduktiven Gerechtigkeit („Reproductive Justice“) zu betrachten. Das erfordert ein Umdenken.

Regelungslosigkeit als Prinzip

Die Vergesellschaftung von Grund und Boden ist eines der umstrittensten Instrumente des Grundgesetzes. Im Zuge der Debatten um eine Neuausrichtung des Berliner Wohnungsmarkts hat die dortige SPD-Fraktion nun einen Entwurf für ein sog. Vergesellschaftungsrahmengesetz erarbeitet. Ein Blick in den Entwurf lässt erahnen: Hier entsteht ein regelungsloses Gesetz, welches die Verfassung lediglich nachbilden soll, ihren Sinn aber verkennt. Denn der Entwurf definiert auch solche Eigentumsregulierungen, die bislang als bloße Inhalts- und Schrankenbestimmungen galten, als eine Vergesellschaftung – und macht sie damit entschädigungspflichtig.

Palestine Action, Proscription and Proportionality

In July, the UK government has decided to proscribe the organisation Palestine Action. The order means that people are criminalised not just for expressing support for terrorist acts, but for the proscribed organisation. As a result, over 500 people were reportedly arrested at a protest in London on 9 August. Whether the decision pushes anti-terrorism law too far and violates freedom of expression will be assessed by the courts at a later date. If the decision survives a legal challenge, it could pave the way for proscription to be used in relation to a broader range of groups in future.

Klarheit für das Krankenhauswesen aus Karlsruhe?

Seit Jahren lähmt der Kompetenzkonflikt zwischen Bund und Ländern Reformen im Krankenhauswesen. Nun richten sich einige Länder mit einer abstrakten Normenkontrolle gegen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Mindestmengen und zur Personalbesetzung. Die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen dürften auch für die große Krankenhausreform bedeutsam sein. Es geht um den Widerspruch zwischen qualitätsfördernder Zentralisierung und flächendeckender Versorgung. Eine Leerstelle der bisherigen Diskussion sind die Grundrechte der Patient:innen.

Tariftreue light

Ein neues Bundestariftreuegesetz soll den Bund dazu verpflichten, öffentliche Aufträge nur noch an solche Auftragnehmer:innen zu vergeben, die ihren Arbeitnehmer:innen tarifliche Arbeitsbedingungen gewähren – unabhängig davon, ob sie tarifgebunden sind oder nicht. Die Diskussion ist nicht neu: Die Ampel-Koalition scheiterte, bevor ihr Entwurf verabschiedet werden konnte. Am 6. August 2025 hat sich die Regierung im Kabinett auf einen neuen Entwurf geeinigt. Der Entwurf verfolgt das richtige Ziel, ist jedoch nicht konsequent genug, um die Tarifautonomie tatsächlich zu stärken.

Attacks on Reproductive Control

In the U.S., authoritarian populists exploit gender politics by criminalizing pregnancy, restricting reproductive rights, and using criminal law to undermine women’s autonomy. Under Trump, these dynamics intensified, ranging from nationwide abortion bans to the erosion of healthcare protections and threats to contraception access. Such measures tap into racial and economic anxieties, reinforce patriarchal power, and resonate far beyond the United States.

Sex Testing on Trial

Two global sport governing bodies – World Athletics and World Boxing – decided to institute genetic testing. Both now require all athletes intending to compete in women’s events to undergo a genetic test. The intent is to exclude some women, including those with certain congenital “differences of sex development”, from women’s sport. This revives an old model – last widely used in 1990s – which was deemed unscientific, unethical, and ultimately unworkable. In today’s legal landscape, this renewed approach faces even more pitfalls.

Weigerung verweigert

Immer mehr Krankenhäuser sind wegen der Ökonomisierung gezwungen, mit anderen zu fusionieren. So fusioniert sowohl in Flensburg wie in Lippstadt ein evangelisches mit einem katholischen Haus. In beiden Fällen setzten sich die katholischen Träger durch und verankerten in den Gesellschaftsverträgen, dass in dem neuen Krankenhaus keine Schwangerschaftsabbrüche mehr angeboten werden dürfen. Doch gemischt-konfessionelle Krankenhäuser haben kein kollektives religiöses Recht, Schwangerschaftsabbrüche zu verweigern.

Crisis and Legal Scholarship

References to crisis abound. Since the 2008 financial crash and with the popularisation of the term “polycrisis” after the COVID-19 pandemic, the idea that we live in times of crises shapes public opinion, political discourse, and academic debates. A review of posts published on Verfassungsblog between January and July 2025 reveals an average of 15 posts per month mentioning some kind of crisis. Crisis is certainly a catchword, and these are hard to resist. But the pervasiveness of this term can also tell us something about the kind of knowledge produced by legal scholarship.