Von Waffen wissen müssen

Das Verwaltungsgericht Berlin hat vergangene Woche einen Antrag abgelehnt, mit dem der Stopp von Waffenexporten nach Israel erwirkt werden sollte. Der Antrag war von mehreren Palästinensern gestellt worden, die zurzeit im Gaza-Streifen leben. Die Begründung des Gerichts orientiert sich zumindest augenscheinlich an der parallel gelagerten Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zum Eilantrag Nicaraguas gegen die Bundesrepublik: In beiden Fällen ist für die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes ausschlaggebend, dass Deutschland derzeit keine Kriegswaffenexporte nach Israel mehr genehmigt. Der Beschluss des VG Berlin ist in sich zwar schlüssig, verdeutlicht aber einmal mehr die rechtsschutzfeindliche Ausgestaltung der aktuellen Kriegswaffenexportkontrolle.

Besetzte Hochschulautonomie

Am 23. Mai, dem Tag des Grundgesetzes, wurde das am Vortag von Studierenden besetzte Institut für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität (HU), polizeilich geräumt. Die Präsidentin der HU, die zuvor den Dialog mit den Besetzer:innen gesucht hatte, sprach hinterher davon, dass sie von der Wissenschaftssenatorin und dem Regierenden Bürgermeister angewiesen worden sei, die Besetzung zu beenden. Die Hochschulautonomie verschafft der Präsidentin einen weiten Ermessensspielraum, auf derartige Situation zu reagieren. Eine Weisung wäre – auf Grundlage der bislang bekannten Tatsachen – in der vorliegenden Situation rechtswidrig gewesen.

Consensus, at what Cost?

After four applications for provisional measures, three sets of formal orders and two rounds of oral hearings, on Friday night, the International Court of Justice in South Africa v. Israel delivered a long-awaited Order. It is, to be frank, most unsatisfactory. While the Court is known for its “Solomonic” decisions, which try to give each party a little of what they asked for at times to no one’s satisfaction, this is not a maritime boundary delimitation where equidistance can be imposed in pursuit of impartiality.

Studierendenproteste im Versammlungsrecht

Auch in Deutschland nehmen Studierendenproteste gegen den Gaza-Krieg zu. Wie in den Vereinigten Staaten errichten Studierende dabei häufig Protestcamps, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. In einigen Städten wurden entsprechende Protestcamps rasch geräumt, in anderen Städten reagierten die Behörden dagegen zunächst mit Auflagen. Während Proteste, die den Hochschulbetrieb schwerwiegend stören, beschränkt und notfalls auch verboten bzw. aufgelöst werden dürfen, sind Proteste unterhalb dieser Schwelle in den meisten Fällen grundsätzlich vom Versammlungsrecht gedeckt. Ob dabei aber Protestcamps eingerichtet werden dürfen, ist eine Einzelfallfrage. Hingegen sind die Hochschulen in der Regel nicht befugt, eigenmächtig gegen als Versammlung zu qualifizierende Protestformen vorzugehen.

Anträge mit Sprengkraft

Am 20.5.2024 hat der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs bekannt gegeben, dass er in der „Situation Palästina“ mehrere Haftbefehle gegen ranghohe politische und militärische Führungspersonen beantragt hat. Dass der Ankläger zeitgleich gegen Mitglieder der Hamas und der israelischen Regierung vorgeht, bedeutet nicht, dass er eine Terrorgruppe mit einer demokratisch legitimierten Regierung gleichsetzt. Er bringt vielmehr zum Ausdruck, dass das Völkerstrafrecht für alle Konfliktparteien gilt und bemüht sich um einen ausgewogenen und (soweit in diesem Konflikt überhaupt möglich) neutralen, zumindest entpolitisierten Ansatz. Damit wird der Grundstein für eine gleichmäßige Anwendung des Völkerstrafrechts gelegt.

Gaza, Artificial Intelligence, and Kill Lists

The Israeli army has developed an artificial intelligence-based system called “Lavender”. This approach promises faster and more accurate targeting; however, human rights organizations such as Human Rights Watch (HRW) and the International Committee of the Red Cross (ICRC) have warned of deficits in responsibility for violations of International Humanitarian Law (IHL). In the following, we will examine these concerns and show how responsibility for violations of IHL remains attributable to a state that uses automated or semi-automated systems in warfare.

Bitte keine Störung?

In den USA lässt sich momentan in Echtzeit beobachten, wie Universitäten zu Brennpunkten einer politischen Auseinandersetzung werden, in der es um grundlegende Fragen des demokratischen Zusammenlebens, des Umgangs mit politischen Konflikten und der Notwendigkeit unabhängiger Bildungsinstitutionen und kritischer Wissenschaft geht. Daher ist es ein Gebot intellektueller Aufrichtigkeit und politischer Verantwortung genauer hinzusehen – ein Gebot, dem sich deutsche Medien scheinbar immer weniger verpflichtet fühlen, wenn sie die ideologisch extreme Position reproduzieren, dass propalästinensische Proteste an sich bereits als Bedrohung anzusehen sind und die Repression daher gerechtfertigt sei.

Why the Provisional Measures Order in Nicaragua v. Germany severely limits Germany’s ability to transfer arms to Israel

In an application before the International Court of Justice brought by Nicaragua against Germany, Nicaragua requested that the ICJ indicate provisional measures as a matter of extreme urgency with respect to Germany’s ‘participation in the ongoing plausible genocide and serious breaches of international humanitarian law and other peremptory norms of general international law occurring in the Gaza Strip’. While Nicaragua did not get any of the provisional measures requested, the request for provisional measures may nevertheless have achieved its aim of preventing Germany from providing arms to Israel for use in the Gaza Strip.

Nicaragua Comes Up Empty

On 30 April 2024, the International Court of Justice (ICJ) rejected a request by Nicaragua for the indication of provisional measures in connection with claims relating to Germany’s support for Israel in the ongoing Gaza conflict. In a terse, sparsely-reasoned decision, the Court decided 15-1 that the circumstances were ‘not such as to require the exercise of its power under Article 41 of the Statute to indicate provisional measures’. While this outcome was not necessarily surprising to those who had followed the proceedings, the Court’s approach—in which it declined to address the usual requirements for the indication of provisional measures—was unusual.

The Silent Victim of Israel’s War on Gaza

In March 2024, Forensic Architecture reported that more than 2,000 agricultural sites, including farms and greenhouses, have been destroyed in Gaza since October 2023. Almost six months into Israel’s war on Gaza, evidence indicates the devastating impacts of the war on the natural environment in Gaza. In particular, it has been reported that farms have been devastated, and nearly half of the trees in Gaza were razed. While this raises numerous issues, the question of whether Israel’s large-scale airstrikes on Gaza would make a substantial contribution to serious violations of international humanitarian law (IHL) protecting the natural environment during armed conflicts, deserves more thought than it gets.