Der Ruf nach Strafe

Die SPD fordert die Strafbarkeit von Catcalling – ein symbolischer Akt, der an die „Lust am Strafen“ anknüpft, aber verfassungsrechtlich kaum haltbar und praktisch wirkungslos ist. Zwischen Bestimmtheitsgebot und Ultima Ratio bleibt kein Raum für einen sinnvollen Tatbestand, sodass das Strafrecht hier nur als politische Geste dient. Der Diskurs verschiebt sich damit von Prävention und Strukturreformen hin zu „Hyperpolitik“, die moralisch mobilisiert, aber repressive und rassistische Dynamiken verstärkt.

The Feasibility of Security Guarantees for Ukraine

The question of possible security guarantees is at the heart of current efforts to end the war against Ukraine. White House special envoy Steve Witkoff stated on 17 August 2025 that “the United States and other European nations could effectively offer Article 5-like language to cover a security guarantee,” which would serve as a trade-off for Russia’s insistence that Ukraine should not be able to join NATO. This has brought the term “Article 5-like protection” into focus. The feasibility of such a guarantee appears impossible given legal and practical obstacles. Russia is demanding untenable concessions from Ukraine in exchange for its consent. The prospect of a credible deterrent is also missing, which is why the entire process appears to be the Russians playing for time.

Ehre, wem Kritik gebührt?

Das Beleidigungsstrafrecht zeigt sich als ambivalentes Instrument: Es kann vor digitalem Hass schützen, birgt aber zugleich das Risiko, freie Kritik zu unterdrücken. Der Künast-Fall lenkte den Blick auf diese Spannung und veränderte das Verständnis von Ehrschutz und Meinungsfreiheit. Mit § 188 StGB verschob der Gesetzgeber das Verhältnis weiter zugunsten eines verstärkten Schutzes von Politikern. Nötig ist eine Reform, die demokratische Machtkritik wieder ins Zentrum rückt.

„Hass und Hetze bekämpfen“

Äußerungsdelikte rücken zunehmend ins Zentrum von Politik und Justiz, getragen vom Ruf nach härterem Vorgehen gegen „Hass und Hetze“. Die Strafbarkeit wird stetig ausgeweitet – von Volksverhetzung bis zu satirischen Memes mit NS-Bezug. Kritiker sehen darin moralische Tabuisierung und eine Erosion des ultima-ratio-Prinzips. Gefordert sind klare Grenzen strafbarer Rede und stärkere nichtstrafrechtliche Mittel zur Zivilisierung von Kommunikation.

Pardons, Criminal Theory, and Political Sociology

Donald Trump’s use of the presidential pardon has transformed a constitutional power into a tool of personal loyalty and partisan retribution. Rather than correcting injustice, his pardons reward allies, shield loyalists, and punish critics. This shift reflects not only a philosophical challenge to the logic of criminal law, but also a deeper sociopolitical trend: the erosion of accountability through transactional governance. As legal boundaries blur and institutional checks falter, the rule of law itself is drawn into the orbit of authoritarian impulse.

Das deutsche Gnadenrecht

Das Gnadenrecht soll als letztes Korrektiv individuelle Gerechtigkeit schaffen, wo das Straf- und Vollstreckungsrecht an seine Grenzen stößt. In der Praxis ist es jedoch zu einem föderalen Flickenteppich geworden, dessen unterschiedliche Verfahren und Zuständigkeiten zu Ungleichbehandlung und Zufallsergebnissen führen. Kritisiert werden fehlende Transparenz, eingeschränkte Akteneinsicht, das Fehlen gerichtlicher Kontrolle und ein erhöhtes Missbrauchspotenzial. Statt Abschaffung braucht es deshalb eine bundesweit einheitliche, transparente und rechtsstaatlich gesicherte Reform des Gnadenrechts.

Attacks on Reproductive Control

In the U.S., authoritarian populists exploit gender politics by criminalizing pregnancy, restricting reproductive rights, and using criminal law to undermine women’s autonomy. Under Trump, these dynamics intensified, ranging from nationwide abortion bans to the erosion of healthcare protections and threats to contraception access. Such measures tap into racial and economic anxieties, reinforce patriarchal power, and resonate far beyond the United States.

Aktuelle Kriminalpolitik aus Sicht der feministischen Kriminalwissenschaft

Die deutsche Kriminalpolitik reagiert auf Gewalt gegen Frauen vor allem mit Strafrechtsverschärfungen und verknüpft diese häufig mit migrationspolitischen Narrativen. Feministische Kriminalwissenschaft kritisiert diese Fixierung als „Carceral Feminism“, der Ursachen verfehlt und marginalisierte Gruppen zusätzlich belastet. Rechte Akteure instrumentalisieren das Thema, indem sie rassistische Stereotype verstärken und feministische Positionen delegitimieren. Gefordert ist eine differenzierte Politik, die Strafrecht reflektiert einsetzt und Prävention stärkt.

Flucht nach vorne

Das BMJV treibt mit seinem neuen Entwurf die Vorfeldkriminalisierung im Terrorismusstrafrecht voran – ein Schritt, der eher Scheinsicherheit erzeugt als wirksamen Schutz. Terroristische Gewalt zielt auf die Zerstörung staatlichen Vertrauens, während Politik und Öffentlichkeit aus Angst reflexhaft Strafverschärfungen fordern. Der Entwurf folgt zwar Brüsseler Vorgaben, überschreitet sie jedoch und gefährdet rechtsstaatliche Grundprinzipien. Am Ende steht die Frage, ob ein Rechtsstaat nicht gerade darin Stärke zeigt, Tatstrafrecht und Unschuldsvermutung auch gegenüber Terroristen zu wahren.

Demokratieschutz durch Strafrecht

Das Strafrecht ist nicht nur ein Mittel der Rechtsdurchsetzung, sondern ein politisch gestaltetes Instrument, das die sozialen Funktionsbedingungen der Demokratie stabilisiert. Es schützt elementare Voraussetzungen demokratischer Selbstbestimmung – von gleichberechtigter Teilhabe über die Integrität staatlicher Institutionen bis hin zur Abwehr von Machtmissbrauch und kommunikativer Ausgrenzung. Gerade im Strafrecht zeigt sich die Spannung zwischen legitimer Demokratiesicherung und der Gefahr, Freiheitsrechte zu beschneiden.