Wissenschaft ist farbenblind

Es steht außer Frage, dass sich gewisse Biografien in einem konservativen, leistungsorientierten Feld wie der Rechtswissenschaft leichter tun als andere. Aber sollte das bedeuten, dass besondere Zugangswege geschaffen werden sollten? Wäre es nicht interessanter, weil selbstbestimmter, nach den Ursachen der eigenen Unzulänglichkeit zu fragen, um durch Selbstkritik, Einsicht und Aktion die eigene Zukunft selbst gestalten zu können?

#Ehrenmann: Gesellschaftliche Vielfalt in der Lehre

Die Metamorphose von der Bonner zur neuen Berliner Republik mag ein passendes Sinnbild dafür sein, wie drastisch sich in vielerlei Hinsicht die gesellschaftlichen Realitäten im neuen Jahrtausend gewandelt haben. Viele Aspekte dieses Wandels, die Konfrontation mit und die Öffnung für Vielfalt haben gesellschaftliche Debatten und politische Aushandlungsprozesse ausgelöst, die oft mit den Mitteln des Rechts geführt und maßgeblich von der Rechtswissenschaft begleitet wurden, und die sich im Recht niedergeschlagen haben. Auch die Studierenden der Rechtswissenschaften sind spürbar vielfältiger geworden.

Moral Dilemmas of Teaching Constitutional Law in an Autocratizing Country

We often (here and here) talk about the methodological challenges that autocratizing regimes pose to constitutional scholars. However, so far we have not given enough attention to the moral dilemmas that constitutional law scholars face on a daily basis when teaching at universities that are geographically located in autocratizing countries. Constitutional law professors in such regimes are today facing moral dilemmas that they definitely did not sign up for when they originally chose their jobs. Traditionally, in continental legal cultures, university education focuses on doctrinal-conceptual legal thinking (Rechtsdogmatik) which systematizes elements of positive law (legal provisions, judicial decisions) along key concepts, with the help of doctrinal academic writings. All this presupposes a minimum level of the rule of law, and exactly this is fading away in autocratizing countries.

Was „weiße“ Rechtswissenschaft jetzt tun kann

Die Prozesse, die sich nun in gesteigerter Form in den USA beobachten lassen, sind uns schon lang bekannt. Was dort gerade greifbar hervortritt, scheint Martin Luther Kings hoffnungsvollen Ausspruch, „the arc of a moral universe is long, but it bends toward justice“, den jeder gebildete Amerikaner kennt, zu widerlegen. Dennoch sollte man den Kairos nicht verstreichen lassen, das Wissen von people of color um die Un-Ordnung der Welt in eine dafür zunehmend sensibilisierte Öffentlichkeit zu tragen. Auch die deutschsprachige, „weiße“ Rechtswissenschaft kann dabei eine Rolle erfüllen.

Der fehlende Mut, mit alten Ausbildungs­traditionen zu brechen

Die Abschaffung der berühmten Kaderschmiede École Nationale d’Administration (ENA) – mit dieser Ankündigung sorgte Emmanuel Macron für Wirbel in der aufgeheizten Stimmung der Gelbwestenproteste im letzten Jahr. Die jüngsten Entwicklungen um die Reform lassen aber Zweifel daran aufkommen, dass es neben einer symbolträchtigen Änderung des Namens zu substanziellen Reformen kommen wird. Dabei wäre ein flexibleres, weniger elitäres und damit egalitäres Ausbildungssystem eine große Chance, für einen gesellschaftlichen Wandel zu sorgen.

Chinese (Anti-)­Constitutionalism

Many (Verfassungs-)blog posts on China, be it on tweets, white papers, or the Social Credit System, criticize legal institutions and realities by highlighting their difference from “Western” or constitutionalist traditions. This makes it rather easy for the explicitly anti-Western and anti-constitutionalist official Chinese system of thought, Sino-Marxism, to reject any criticism – either as Eurocentric, (legal) Orientalist, and “culturally hegemonic” or as ignorant of “theoretical basis” of the Chinese system. Knowing Sino-Marxism, which provides powerful political but only limited analytical tools, is thus crucial for transnational and global constitutionalists in order to defend their values without being accused of a lack of understanding – also in the current case of Hong Kong.

Freund oder Feind?

Die Proteste, die anlässlich der ersten Vorlesung von Bernd Lucke nach seiner Zeit in der Politik stattfanden, zeigen, welche Bedeutung die Grundrechte als Spielregeln der politischen Auseinandersetzung haben. Der Rechtspopulismus und der Umgang mit ihm bringen diese Regeln an ihre Grenzen – nun auch an der Universität. Dringend nötig wird damit die Vergewisserung, wie politische Debatten geführt werden sollen.

Eine Pflicht zur diskursiven Prävention?

Die erste Vorlesung nach seiner Beurlaubung an der Hamburger Universität konnte Bernd Lucke nicht halten, weil hunderte Protestierende aus der Studierendenschaft und breiteren Öffentlichkeit ihn daran hinderten: Buhrufe, Transparente, Anwürfe als „Nazischwein“ und anhaltendes Johlen und Pfeifen. Diese Störung war vorhersehbar und die Hochschule hätte im Vorfeld präventiv tätig werden müssen, um die Lehrfreiheit Bernd Luckes zu gewährleisten.