Iudex calculat: Why Constitutional Scholars Should Surmount their Allergy to Numbers

Law students often mention poor math scores as a reason to elect their course of study. Refugees of a world increasingly dominated by numbers and number-crunchers, jurists often wear the adage “iudex non calculat” as a badge of honour. Surmounting the discipline’s allergy to numbers could do some good not just to constitutional judges but also to the scholarship that concerns itself with the discussion of the constitutional texts they are supposed to apply but also with the decisions they churn out.

Recht elitär: Benjamin Lahusen porträtiert Savigny

Warum studiert man in Deutschland nicht das Recht, sondern die Rechtswissenschaft? Womöglich gar im Plural? Das hat natürlich mit Friedrich Carl von Savigny zu tun. Und darum ist es nur folgerichtig, dass Benjamin Lahusen den so nachhaltig wirkenden Rechtsgelehrten in seinem elegant geschriebenen Savigny-Porträt als Chiffre für die ganze moderne Rechtswissenschaft verwendet. „Savignys Name erinnert daran, dass das Recht und seine Gesellschaft in einem beständigen Spannungsverhältnis stehen, dass Lebenswelt und Lebensregeln immer wieder aufs Neue miteinander auszusöhnen sind“, resümiert der an der Universität Rostock tätige Rechtshistoriker Lahusen, nachdem er seine Leser in fünf kunstvoll verflochtenen und schön zu lesenden Kapiteln ... continue reading

(Rechts-)Wissenschaft sui generis?

In Hamburg sprach ich am Freitag über Möglichkeiten und Grenzen rechtswissenschaftlichen Bloggens. Der Arbeitskreis „Junge Wissenschaft im Öffentlichen Recht e.V.“ (JuWiss) hatte mich eingeladen, vor einem kommunikationsfreudigen Kreis deutschsprachiger Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler über meine Erfahrungen mit der juristischen Blogosphäre im Allgemeinen und mit dem Verfassungsblog im Besonderen zu referieren. Und zu diskutieren. Das war immens lehrreich. Mit von der Partie waren als Referierende auch die Kommunikationswissenschaftlerin Nele Heise vom Hamburger Hans-Bredow-Institut und der geschätzte Kollege Thorsten Thiel vom Theorieblog, dessen informative slides man hier angucken kann. Wer sich mit den Möglichkeiten und Grenzen rechtswissenschaftlichen Bloggens beschäftigt, der kommt um die ... continue reading

Laudatio für Gertrude Lübbe-Wolff aus Anlass der Verleihung des Hegel-Preises am 24. Juli 2012 in Stuttgart

Einer der zahlreichen Vorträge von Gertrude Lübbe-Wolff beginnt folgendermaßen: „Herr Gerhardt hat mich eingeladen, etwas über die aktuelle Bedeutung von Hegels Rechtsphilosophie zu sagen. Nichts lieber als das. An der Aktualität der Hegelschen Rechtsphilosophie leide ich geradezu, und über das, woran man leidet, spricht man ja gern. Die Aktualität der Hegelschen Rechtsphilosophie zeigt sich mir darin, dass ich öfter an Hegel denken muss, als mir lieb ist. Ich muss so oft an ihn denken, weil in unserer öffentlichen Kultur das Hegelwidrige so präsent ist.“ Der Hegel-Preis wird zwar für Verdienste um die Entwicklung der Geisteswissenschaften vergeben, nicht speziell für die ... continue reading

Ready for Revolution: Roberto Mangabeira Unger on Legal Thought and Legal Education

The story of legal education and legal thought is a story of reformation and revolution, full of drama and tragedy, high hopes and empty promises. On this blog, I have recently sketched the current debate in the US. In a pointed posting, Christoph Möllers has outlined the scientific core of legal scholarship here, and the interrelations between law, politics, economy and society have been discussed there. Roberto Mangabeira Unger (Harvard Law School) has posted a thought-provoking talk on the topic – great food for thought for legal minds and political animals, be they authors, bloggers, commentators or readers. Unger states ... continue reading

Dieter Simon über das Argumentieren der Juristen und die schöne Zukunft des Rechts: Recht als Rhetorik – Rhetorik als Recht

Dieter Simon, nach eigener Auskunft „Rentner, einst Professor der alten  Rechte in Frankfurt und Berlin und Wissenschaftsfunktionär, Byzantinist und Rhetoriker, Pfälzer, Mitherausgeber von Myops, Rechtstheoretiker ehrenhalber an der HU Berlin“, sprach vergangenen Montag im Berliner Seminar Recht im Kontext in der Villa Jaffé des Wissenschaftskollegs über die Rede der Juristen und die immer wieder versteckte und verleugnete „Urverwandtschaft“ von Recht und Rhetorik. Die Geschichte begann – nach kurzen Ausflügen an die juristischen Fakultäten von München und Münster – in der Antike. Sie versöhnte mit Relationstechnik und Methodenlehre, und sogar mit den Griechen. Das Ganze endete mit einem Ausblick, der in seiner von ... continue reading

Wir urteilen unbelesen: Amerikanische Debatten über Juristenausbildung

Da war der Vater der amerikanischen Juristenausbildung ganz entschieden: nicht der Gerichtssaal schärft den Sinn für die feinen Unterschiede, sondern der Blick in Gesetz und Urteil, Fälle und Entscheidungen. Die Bibliothek sei für den Juristen, was das Labor den Chemikern sei und das Naturkundemuseum den Zoologen. Darum sei es auch nicht Erfahrung in einer Anwaltskanzlei oder vor Gericht, die für den Rechtsunterricht qualifiziere, sondern Erfahrung im Studium des Rechts. Christopher Columbus Langdell, der 1870 zum Dekan der Harvard Law School ernannt wurde, setzte mit seiner case method die nachhaltigste Reform der Juristenausbildung seit den Zeiten der Glossatoren ins Werk – ... continue reading

Was wird aus dem SCOTUS-Blog?

Tom Goldstein, der Supreme-Court-Litigation-Spezialist, will sich offenbar von seiner Kanzlei Akin Gump verabschieden. Das müsste uns hier nicht weiter interessieren, wäre Goldstein nicht Gründer und Betreiber des wohl besten und erfolgreichsten Jura-Blogs der Welt, des SCOTUS Blog nämlich. Und wäre Akin Gump nicht dessen Sponsor. Der SCOTUS Blog ist für alle, die sich für den US Supreme Court interessieren, die primäre Referenz- und Informationsquelle, ob das Anwälte, Wissenschaftler oder Journalisten sind. Ich verehre dieses Projekt auf Knien.

Kirchhofs Rettungsschirm für Kirchen, und andere Juristentagsnotizen

Warum spannt der Staat einen Rettungsschirm auf, wenn einige Finanzinstitute sich übernommen haben, während er den Schirm geschlossen lässt, wenn wir beobachten, dass einige Träger dieser Kultur, auf die unsere Verfassung baut, substanziell gefährdet sind? Das ist ein Satz von Paul Kirchhof, gefallen in seinem heutigen Referat auf dem Juristentag zu Berlin zum Thema Staat und Religion. Und wie das so ist mit Kirchhof-Sätzen, so erscheint auch dieser auf charakteristische Weise gleichzeitig luzide und geschwollen, weshalb ich mir erlaube, ihn mal zu paraphrasieren: Die Banken retten, das könn’se, aber die Kirchen lassen sie verrecken. Der Diskussionsgegenstand der Abteilung Öffentliches Recht ... continue reading