Die FAZ berichtet, dass der oberste Rechtspolitiker der CDU/CSU-Fraktion Günter Krings das BVerfG attackiert – wegen dessen Rechtsprechung zur Homo-Ehe.
Er beklagt sich bitterlich, dass das BVerfG die „exzeptionelle Schutzanordnung“, die Art. 6 GG der Ehe angedeihen lässt, „leer laufen“ lässt. Er kenne keine andere Verfassungsnorm, „die das Gericht hat so obsolet werden lassen“. Er wirft den Verfassungsrichtern vor, die Verfassung nicht ernst zu nehmen.
Starker Tobak. Für ein herausgehobenes Mitglied der Legislative zumal.
Natürlich steht es jedem Konservativen frei, sich über die Tatsache, dass das BVerfG aus Art. 6 kein Abstandsgebot gegenüber anderen Lebensformen als der zweigeschlechtlichen Ehe herauszulesen, fürchterlich aufzuregen. Aber zu behaupten, das BVerfG nehme die Verfassung nicht ernst, hat eine andere Qualität. Das impliziert, dass Karlsruhe politische Entscheidungen des Gesetzgebers nach eigenen Präferenzen konterkariert.
Zumal das gar nicht stimmt: Nach der Rechtsprechung des BVerfG ermächtigt Art. 6 GG, die Ehe zu privilegieren – aber das BVerfG nimmt sich die Freiheit, zu untersuchen, warum. Das Ergebnis: Der „besondere“ Schutz von Ehe und Familie beruht, so sehr das einen guten Katholiken wie Krings schmerzen mag, nicht auf der gottgewollten Ordnung und dem Sakrament des unauflöslichen Bundes von Mann und Frau und der inhärenten Sündigkeit jeder anderen Beziehung. Sondern auf der Tatsache, dass in einer Ehe zwei für einander dauerhaft Verantwortung übernehmen, im Unterschied zur unverbindlichen Lebensabschnittspartnerschaft.
Und das, so das BVerfG, ist bei der Homo-Ehe genauso. Deshalb hat sie der Gesetzgeber ja schließlich eingeführt.
Was das BVerfG macht, ist dem Wörtchen „besonders“ in Art. 6 einen funktionalen Sinn zu geben: Der besondere Schutz der Ehe ist nicht einfach so da, sondern aus einem bestimmten Grund. Und dieser Grund ist relevant, wenn es um die Frage geht, welche Diskriminierung durch Art. 6 gerechtfertigt ist und welche nicht.
Was immer das ist, ein Nichternstnehmen der Verfassung ist das jedenfalls nicht.
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