7. November 2012

Maximilian Steinbeis

Verfassungsrichterposten als Celebrity-Ehrung

Ich liebe Andreas Dresen. Es gibt wenige, die bessere Filme machen, und zwar nicht zuletzt auch darüber, wie die Demokratie in diesem Land funktioniert.

Ich habe durchaus auch Sympathie dafür, wenn Außenseiter und Nicht-Profis sich um politische Ämter bewerben: Jón Gnarr, Kabarettist und Punkrocker, ist nicht nur ein toller Typ, sondern auch ein außerordentlich erfolgreicher Bürgermeister von Reykjavik geworden.

Aber dass der brandenburgische Landtag Andreas Dresen zum Verfassungsrichter wählen will, und zwar mit den Stimmen aller Fraktionen, das halte ich doch bei allem Respekt für eine totale Schnapsidee.

Verfassungsgerichte haben zwar politische Macht, das liegt auf der Hand. Aber was sie machen, ist keine Politik. Darf keine Politik sein. Dazu sind sie nicht legitimiert noch befähigt. Ihre Autorität hängt davon ab, dass sie in erster Linie Recht sprechen und nur in zweiter Linie gestalten, in erster Linie Fälle entscheiden und nur in zweiter Linie politische Grundsatzfragen, anhand von statutes and precedents und nicht politischer Überzeugungen oder gar Interessen. Ihre Autorität hängt davon ab, dass sie als Juristen wahrgenommen werden und nicht als Politiker, wie der US-Supreme Court gerade am eigenen Leibe erfährt. Und von ihrer Autorität wiederum hängt ihre Macht ab. Ein Urteil eines Gerichts, das niemand respektiert, befolgt auch niemand.

Recht sprechen, Fälle entscheiden, Gesetze auslegen, Rechtsprechung konsistent halten – warum in aller Welt sollte ein noch so toller Filmemacher für diesen Job geeignet sein?

Es nehmen ja gewöhnlich nicht viele davon Notiz, was das brandenburgische Verfassungsgericht so macht. Ich ehrlich gesagt auch nicht. Aber schauen wir doch mal. Am 19. Oktober beispielsweise. Da hatte das Gericht über Beschlüsse des VG Frankfurt/Oder und des OVG Berlin-Brandenburg zu urteilen, in einem kommunalverfassungsrechtlichen Fall. Ein Stadtratsmitglied hatte in seiner Eigenschaft als Anwalt für eine Mandantin einen Rechtsstreit gegen die Stadt geführt. Herr Dresen, Sie wollten etwas sagen? Nein? Gut, dann ergeht im Namen des Volkes folgendes Urteil…

Die brandenburgische Politik tut weder dem Gericht noch Andreas Dresen einen Gefallen, wenn sie ihn zum Verfassungsrichter macht. Dem Gericht nicht, weil es sich den Zynismus bieten lassen muss, dass die Politik auf seine Kosten Celebrity Credits für sich generiert. Und Dresen nicht, weil er sich schon bald sehr langweilen wird hinter der Richterbank, an der er schlechterdings gar nichts zu melden haben wird.

Aber ich hätte da eine Idee.

Ein Landtagsmandat für Dresen. Das wäre was.

Oder sogar ein Ministerium.

Da wäre ich sofort dafür.

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